Chronik der Kirchengemeinde Steinkirchen/Effeld  
   
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1946

Eine der größten Katastrophen der Weltgeschichte, so nennt man mit Recht die Ausweisung von 12-14 Millionen Deutscher aus dem Osten des Reiches.
Russen und Polen vertreiben unbarmherzig alle Deutschen aus den Provinzen, die sie besetzen. Unaufhörlich strömen die Vertriebenen zum Westen Deutschlands hin.
Bei strenger Kälte und mangelnder Verpflegung werden sie in überfüllten Zügen verfrachtet..
Hunderte von ihnen haben die Strapazen der Flucht nicht überstanden.
1 ½ Million dieser Menschen sollen in unserer rheinischen Heimat Raum und Unterkommen finden.
Der Bischof schreibt an seine Diözesanen:
„Tausende und Abertausende von Ostflüchtlingen sind in unsere Diözese, besonders in deren nördlichen Teil gekommen. Viele von Euch kennen aus eigener Erfahrung Flüchtlingsnot und Flüchtlingselend. Aber die Not und das Elend der Ostflüchtlinge übersteigen bei weitem das, was wir bei den Evakuierungen der letzten Jahre erlebt haben. ......“
Es ist Armut, Arbeitslosigkeit, schlechter Gesundheitszustand, seelisch-religiöse Not, zu allem noch die düstere Aussicht, die Heimat nie mehr wiederzusehen.
Jetzt können die Christen zeige, ob ihr Christentum echt ist, d.h. ob es sich in echter, tätiger Nächstenliebe bewähren wird.
In die westlichen Kreise der Diözese kommen einstweilen keine Flüchtlinge, weil hier die Verwüstungen des Krieges wohl am größten sind.


Die bei Kempen über die Roer führende Brücke ist bei einem feindlichen Fliegerangriff zerstört worden. Die von unserer Wehrmacht erbaute Notbrücke ist beim Rückzug von den Deutschen gesprengt worden. Ein von der Zivilbevölkerung errichteter Notsteg, schmal und schwankend, soll die Verbindung nach Heinsberg wiederherstellen. Einem jungen Mann von hier - Hans KRINGS - wird er zum Verhängnis: er stürzt am 7. Januar in den gefährlichen Fluß; seine Leiche wird nicht mehr gefunden.


Für die Arbeit in der katholischen Jugend gibt der Bischof folgende Anweisungen heraus:
Die kirchliche Jugendseelsorge soll gebaut und geführt werden nach den
Bischöflichen Richtlinien von 1936. Sie bleibt vordringliche Aufgabe des Pfarrklerus in allen Gemeinden.
Als ‘Katholische Jugend’ soll sie die Körperschaft der aktiven jungen Katholiken sein, eine wohlgeordnete Einheit von Mannes- und Frauenjugend.
Der Aufbau soll nach Diözese und Pfarrei erfolgen.
Ein Bischöfliches Jugendamt soll Einheit und Einheitlichkeit gewährleisten.
Eine überdiözesane Hauptstelle soll ihren Sitz in Haus Altenberg bei Köln haben.


Auch in unserer Pfarre wird die katholische Jugendarbeit wieder aufgenommen werden. Ein Raum des Pfarrhauses wird hierfür zur Verfügung gestellt, und Jünglinge und Jungfrauen halten hier ihre wöchentlichen Heimabende ab.


Zugleich wird auch der Kirchenchor der Pfarre wieder neu belebt.
Eine erfreulich große Zahl von Jungmännern, die aus dem Kriege heimgekehrt sind, treten dem Chor bei.
Unter Hinzuziehung von Mädchen aus der katholischen Frauenjugend wird ein gemischter Chor gebildet, dessen Schulung der Pfarrer selbst übernimmt, da der bisherige Chorleiter Josef RÜTTEN seit Oktober 1944 in Bessarabien vermißt ist.


In der Erkenntnis, daß alle Erlösung und Besserung in heutiger Notzeit von Christus kommen kann, ruft der Bischof in seinem diesjährigen Fastenhirtenschreiben die Gläubigen auf, Christusträger in die Welt von heute zu sein. Uns, wie der Gottesmutter, schickt Gott die Botschaft, daß wir empfangen sollen vom Heiligen Geiste.
„Die Erlösung kann nur kommen vom Heiligen Geist, nicht vom Menschengeist, gar nicht vom Satansgeist. Entfernt darum allen Ungeist, allen Teufelsgeist aus euren Herzen, aus eurer Gemeinschaft als Familie, Gemeinde und Volk.
Antwort auf Gottes Anruf muß sein: ‘Ich bin die Magd, der Diener des Herrn.’
Es geht um gelebtes Christentum, um einen Glauben, der zum Bekenntnis wird durch die Tat, durch das Leben. Es geht um eine Frömmigkeit, die Religion und Leben nicht trennt. Man kann nicht ein frommer Kirchenengel und gleichzeitig ein Hausteufel sein.“


Wo ein Mensch Gott Antwort gibt in bedingungsloser Hingabe, da kommt der Erlöser zu den Menschen, da ‘wird das Wort Fleisch’.
An Stelle der aufgehobenen Fasten- und Abstinenzverpflichtung ermahnt der Bischof:
Wir wollen aller Lieblosigkeit entsagen in Wort und Werk.
Wir wollen entsagen allem selbstsüchtigen Streben nach irdischem Besitz. Alles unrechtmäßig erworbene Gut wird in dieser Fastenzeit zurückgegeben.
Entsaget aller Trägheit, Gleichgültigkeit, Lauheit und Menschenfurcht im religiösen Leben.


Das ‘Dritte Reich’ hatte die katholische Volksschule ohne Befragen der Eltern kurzerhand abgeschafft.
Die britische Militärregierung ordnet unter dem 14.1.1946 eine Abstimmung über die katholische Bekenntnisschule an.
Wer die katholische Bekenntnisschule wünscht, soll einen entsprechenden Stimmzettel abgeben; sich an der Abstimmung nicht beteiligen wird als Ablehnung der Bekenntnisschule gewertet.
Die Abstimmung in unserer Pfarre ergibt: 99 % für die katholische Bekenntnisschule,
1 % dagegen.
Dieses 1 Prozent ist auf ungültige Stimmzettel zurückzuführen.


In einem mutigen Hirtenwort vom 27.3.1946 nehmen die westdeutschen Bischöfe Stellung zu den vielfachen Ungerechtigkeiten, deren die fremden Regierungen in Deutschland sich schuldig machen.
Sie nennen:
die herzlose Vertreibung von Millionen Deutscher aus dem Osten,
die Zurückhaltung deutscher Kriegsgefangenen in Feindesland,
die unbegründete Verhaftung vieler Deutscher,
die radikale und entschädigungslose Enteignung von Grund und Boden im Osten Deutschlands.
„Soll eine innere Gesundung des Volkes angebahnt werden, so muß alles, was an GESTAPO, Konzentrationslager und ähnliche Dinge erinnert, aus dem öffentlichen Leben entfernt werden. Sonst greift eine Vergiftung Platz, die einen moralischen und religiösen Aufstieg aufs äußerste erschwert, wenn nicht unmöglich macht.“

„Zeiten der Not“, so schreibt der Bischof zum diesjährigen Bekenntnistag der Jugend, „tragen in sich die Gefahr der Herzenskälte und der Hartherzigkeit.....Da ist es ein Zeichen wahrhaft christlicher Gesinnung, wenn meine liebe katholische Jugend mich gebeten hat, ihr als Leitgedanken das Wort des hl. Paulus aufzugeben, das sie wie mit einem hl. Treueschwur aufnehmen will: Einer trage des anderen Last, so erfüllt ihr das Gebot Christi.“
Für unser Dekanat ist die Jugendkundgebung am ‘Birgelener Pützchen’, einer kleinen Muttergottes-Kapelle im Walde zwischen Birgelen und Wassenberg.


Im April dieses Jahres ist Hermann WINKENS aus Effeld über 50 Jahre Mitglied des Kirchenchors, dem er mit vorbildlichem Eifer und steter Treue nicht nur als Bassist, sondern vertretungsweise auch als Dirigent gedient hat.
Das Jubiläum wird in einer schlichten, aber herzlichen Feier im Pfarrhause im Kreise der Chormitglieder und Angehörigen begangen. 6 Monate später ist der verdiente Jubilar gestorben.


Am 30. Mai, dem Feste Christi-Himmelfahrt, erscheint wieder die
Kirchenzeitung für das Bistum Aachen.
„In Gottes Namen“, so heißt es in der ersten Nummer, „beginnt die Aachener Kirchenzeitung nach langem, erzwungenem Schweigen heute aufs neue wieder zu reden. Sie kommt zu Euch in die zerstörten Städte, die verwüsteten Dörfer, in all die Not unseres arm gewordenen Bistums als Bote Gottes, um Euch Trost zu bringen in Eurem Leid, Licht in das Dunkel unserer Tage, Freude und Kraft in das vom Tod sich neu erhebende Leben.“
Sie erscheint alle 14 Tage in 8seitigem Umfang und zwar nur in 77 Exemplaren für Effeld, obschon sich über 150 Familien zum Bezuge gemeldet haben.


Die diesjährige Erstkommunion findet am Sonntag nach dem Herz-Jesu-Fest, dem 30. Juni statt.
Eine längere Erkrankung vieler Schulkinder und Erstkommunikanten macht diese Verlegung notwendig.


Im Juli erhält Effeld Besuch von Bonner Universitätsstudenten, die sich freuen, für einen Tag das entbehrungsreiche Stadtleben mit dem noch gesegneten Landleben vertauschen zu können.
Die Kirchenzeitung schreibt hierüber:
„Im Glanz der sinkenden Sonne zogen sie in unser stilles Grenzdörfchen ein, die 29 katholischen Bonner Studenten und Studentinnen, die auf eine Einladung unseres Herrn Pfarrers ESSER mit ihrem Seelsorger Dr. STEINBERG gekommen waren, um ein Wochenende bei uns zu verbringen. Am Abend sangen sie in unserer Kirche die ‘Deutsche Komplet’. In der Frühmesse und im Hochamt am Sonntag schilderte Dr. STEINBERG die seelische und leibliche Not unter der Stadtbevölkerung und rief zu gegenseitiger werktätiger Hilfe auf. Ein vierstimmiger Chor sang nach Schluß des Hochamtes vor der Kirchentreppe in bunter Folge launige Lieder. In den Nachmittags- und Abendstunden wurden dann unsere Kleinen und auch wir Erwachsenen durch recht humorvolle Darbietungen erfreut. Von den Quartiersleuten wurde alles aufgeboten, um den jungen Studenten das ‘Effelder Wochenende’ recht bekömmlich und angenehm zu gestalten, und so kann es nicht wundernehmen, daß, als am Montagmorgen die Gäste Abschied nahmen, auf beiden Seiten der Wunsch nach einer Wiederholung des Besuches, vielleicht mit etwas längerem Verweilendürfen, zum Ausdruck kam.“
Der Dirigent des Studenten-Madrigalchors, Herr Helmut DEUTZ, verbrachte später seine Herbstferien im Pfarrhause und leitete die Proben unseres Kirchenchors.

Im August sind die deutschen Bischöfe am Grabe des hl. Bonifatius in Fulda zusammengekommen und wenden sich in einem gemeinsamen Hirtenschreiben an ihre Diözesanen.
Sie sprechen zu ihnen von der Familie, die der religiösen Erneuerung sehr bedarf. Durch Nationalsozialismus und Krieg ist die christliche Auffassung von Ehe und Familie, mehr noch die christliche Haltung mancher Eheleute stark ins Wanken geraten: Ehescheidun- gen wurden begünstigt, die uneheliche Mutterschaft der ehelichen gleichgestellt, die Erzieherrechte der Eltern beschränkt.
Demgegenüber betonen die Bischöfe:
Die Familie ist die ursprünglichste und notwendigste Verbindung von Menschen untereinander. Sie ist vor dem Staate, sie hat dem Staate gegenüber unveräußerliche Rechte. Deshalb hat der Staat Pflichten gegen die Familie:
er muß sie anerkennen und schützen, sie fördern durch Schaffung von menschenwürdigen Wohnungen, durch Gewährung von ausreichenden Löhnen, wenn nötig durch soziale Hilfsmaßnahmen. Er muß das primäre Erziehungsrecht der Eltern achten und schützen. Er kann einen Schulzwang ausüben, darf aber keine Zwangsschule einführen.
In übernatürlicher Sicht gesehen ist die Familie eine gottgewollte Einrichtung, die Gottes Schöpferwerk, aber auch Christi Erlösungstat fortzusetzen berufen ist.


Am 15. September finden erstmalig freie Wahlen in der britischen Zone statt, es sind Gemeindewahlen.
Im allgemeinen fällt die Wahl gut aus; die CDU (Christlich-demokratische Union), die sich an Stelle des früheren Zentrums gebildet hat, erhält größtenteils die absolute Mehrheit der Gemeindevertreter, auch im Amtsbezirk Wassenberg.
Aber die Wahlbeteiligung ist gering, in Effeld beträgt sie nur 47 %.
Viele Wähler erklären auf Grund der erlebten Enttäuschungen, sie wollten sich überhaupt nicht mehr am politischen Leben beteiligen.


Am 13. Oktober sind neue Wahlen, und zwar Kreistags- und Stadtratswahlen.
Diesmal werden die Gläubigen auch von der Kanzel auf die Notwendigkeit der Wahlbeteiligung hingewiesen; als Grundsatz soll gelten: Wählen ist Bürgerpflicht, christlich Wählen ist Christenpflicht.
Die Beteiligung in der Pfarre ist diesmal besser, sie beträgt 74 %.
Die CDU erhält im hiesigen Kreise Geilenkirchen-Heinsberg die absolute Majorität, in Aachen fast 2/3 Stimmenmehrheit, in Nordrhein-Westfalen 45,4 % aller gültigen Stimmen.


Zum Fest des hl. Borromäus wird in unserer Pfarre wieder die Pfarrbibliothek eröffnet. Die im Jahre 1941 zwangsweise abgelieferten Bände werden zum Teil zurückgebracht, da der Angestellte, der sie vernichten sollte, den Befehl der GESTAPO nicht ausgeführt hat. Die im Ort versteckten Bücher sind auch noch größtenteils vorhanden. Von 1.100 Bänden, die die Bibliothek früher zählte, sind noch 700 zur Stelle.
Das Lesebedürfnis ist groß, die Zahl der Leser verdoppelt sich: 100 statt 50.


Am 5. November berichten die Zeitungen von territorialen und wirtschaftlichen Forderungen Hollands gegenüber Deutschland.
‘Grenzberichtigungen’ sollen vorgenommen werden, wodurch die deutschen in Holland vorspringenden Gebietsteile dem westlichen Nachbarn zugesprochen werden.
Der ganze Selfkant, ebenso die Gemeinden Effeld und Ophoven fallen darunter, wie eine Skizze aus dem ‘Maas- en Roerbode’ vom 12. November 1946 zeigt.
Groß ist wiederum die Aufregung unter der Bevölkerung. Wird das Gebiet mitsamt der deutschen Einwohnerschaft abgetrennt, oder werden wir das Gebiet verlassen müssen? Wird man die Nazis ausweisen und die übrigen wohnen lassen?


Das sind die bangen Fragen, die erneut die Gemüter beunruhigen.
Einstweilen handelt es sich nur um holländische Ansprüche, über die bei der Friedens- konferenz entschieden werden muß.
Bis dahin besteht noch einige Hoffnung, daß die Heimat deutsch bleibt. Es bleibt aber auch bei allen eine drückende Angst, denn keiner will gern Holländer werden.


Die Not in Deutschland und die etwas bessere Lage in Holland, sowie das Bestreben mancher zweifelhaften Elemente, ins Ausland zu entkommen, bringen es mit sich, daß viele unerlaubte Grenzübertritte versucht werden.
Um sie nach Möglichkeit zu unterbinden, wird eine Sperrzone in einer Breite von
500-1.000 m entlang der Grenze errichtet. Sie darf von niemandem ohne besonderen Ausweis betreten werden. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bestraft.
Die Ortseingesessenen, die in dieser Zone wohnen oder dort arbeiten müssen, erhalten Erlaubnisscheine.
Die Sperrzone zieht sich westlich von Effeld hin, umschließt das ‘Haus Effeld’, einige Häuser der ‘Bruchstraße’, das Gut ‘Gitstapper Hof’, sowie große Teile des Wald- und Ackerlandes.


Infolge des verlorenen Krieges und der augenblicklichen großen Notlage zeigen viele Männer und Jungmänner Interesselosigkeit und Gleichgültigkeit im religiösen Leben. Besonders die erst nach langer Kriegsgefangenschaft heimgekehrten Männer leiden unter diesen Zeiterscheinungen.
Sie wieder zu aktivieren, findet in der Woche vor dem Patronatsfest des hl. Martinus ein Triduum für Männer und Jungmänner statt. Prediger ist Herr Prälat Johannes SOLZBACHER aus Aachen. Die Beteiligung ist gut, sie beträgt über 100 Besucher.


„Aus dem furchtbaren Zusammenbruch, dessen geistige Not noch größer ist als die äußere, materielle Not, wird sich unser Volk nicht erheben können ohne die entscheidende Mitwirkung der Frau.
Die reine und ungebrochene Kraft eines edlen und heiligen Frauentums ist die letzte sittliche Kraftquelle eines Volkes.
Es ist meine große Sorge, wenn ich beobachte, wie selbst diese letzte Kraftreserve unseres Volkes durch eine falsche und unfrauliche Haltung in Gefahr gerät.“
Mit diesen Worten kündigt der Bischof eine religiöse Woche für die Frauenjugend in der Diözese an.
Hauptthemata sind:
das Bild der Frau nach der Schöpfungsordnung,
die Gefährdung der Frauenart in unserer Zeit,
Maria, das Idealbild der Frau,
die Stellung der Frau in der Kirche,
die Weihe der Frauenjugend an Maria.
In Effeld findet diese religiöse Veranstaltung in der Woche vor Weihnachten statt.
Leiter ist Pater LEWING, Heinsberg.


Wegen der eingetretenen starken Kälte und des schlechten Zustandes unseres Gotteshauses sind die Vorträge in der Schule. Rund 70 Jungfrauen beteiligen sich daran.


Anläßlich einer gemeinsamen Besprechung von Vertretern des deutschen CARITAS-Verbandes mit der Leitung des Hilfswerks für die evangelische Kirche in Deutschland wurde vorgeschlagen, am diesjährigen Weihnachtsfeste eine gemeinsame Bitte an die gesamte Christenheit und alle Völker zu richten, um eine baldige Rückkehr der deutschen Kriegsgefangenen zu erwirken.
In der Pfarre werden Zettel verteilt mit dem Aufdruck
‘Wir Christen aller Bekenntnisse in Deutschland
bitten am Feste der Geburt unseres Herrn und Erlösers
die ehemaligen Feindmächte:
Gebt unsere Kriegsgefangenen frei und entlaßt sie
so bald wie möglich in ihre Heimat!’.
Sie werden von 689 Erwachsenen unterschrieben. Das sind wohl 100 % aller erwachsenen Einwohner, denn es ist niemand, der nicht die baldige Heimkehr der Gefangenen sehn-lichst wünschte.
Im Bistum Aachen werden 594.267 Unterschriften gezählt.

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Der Winter 1946/47 ist außergewöhnlich streng.

3 Kältewellen sind zu verzeichnen:
die erste vor Weihnachten, die zweite um Neujahr, die dritte und längste von Ende Januar bis Mitte März.
Die Zeitungen berichten von Tiefsttemperaturen, wie sie seit 100 Jahren nicht mehr gemessen wurden.
An der ostfriesischen Küste frieren Gebiete des Wattenmeeres zu, die bisher noch immer offen geblieben waren. Auch hier entsinnen sich die ältesten Einwohner nicht einer solchen Kälte.
Mehrmals ist der Wein im Kelche während der hl. Messe zu Eis erstarrt und muß zur‘sumptio’ (=Kommunion des Priesters in Form von ‘Brot und Wein’) mit einer brennenden Kerze wieder flüssig gemacht werden.
Die Kälte wird um so bitterer empfunden, als die Ernährung unzureichend ist und das Heizmaterial fehlt. Kohlen oder Briketts werden nicht ausgegeben. Der gesammelte Holzvorrat ist bald verbraucht.
In den Städten, wie Hamburg und Berlin, werden täglich erfrorene Menschen, meist alleinstehende ältere Personen gefunden.
Die Bevölkerung greift zur Notwehr, sie plündert die Kohlen- und Brikettzüge aus, wenn sie in den Bahnhöfen oder Strecke halten. Die Polizei ist machtlos dagegen.
Erst Anfang April ist die Herrschaft des Winters endgültig beendet.


In der Woche vor dem 12. Januar, dem Feste der heiligen Familie, hält Herr Prälat SOLZBACHER, Aachen, ein Triduum für Frauen und Mütter.
Wegen der strengen Kälte finden sie nicht in der Kirche, sondern im Saale der Wirtschaft BUSCH statt. Sie werden gut besucht und weisen über 150 Teilnehmerinnen auf.


Zum Apostolischen Visitator für Deutschland
hat Papst PIUS XII. den Hochwürdigsten Herrn Bischof A. MÜNCH von Fargo, U.S.A. ernannt.
Bischof MÜNCH hat nach seiner ersten Rundreise durch Deutschland ein Hirtenschreiben herausgegeben, das von seiner großen Sympathie für unser Volk, aber auch von seinem unerschrockenen Mut den Schuldigen gegenüber beredtes Zeugnis ablegt.
Er schreibt u.a.:
„Machen wir uns nicht zu Teilnehmern an den Verbrechen Hitlers, indem wir jetzt genau dasselbe tun, was wir einst verurteilten und bekämpften!.....Wir sind erbärmliche Heuchler, wenn wir nicht als Verbrechen brandmarken, was wir zu rügen uns beeilten, als es vom Feinde verübt wurde. Das Gebot der Gerechtigkeit hat keinen doppelten Maßstab für Missetaten von Freund und Feind.“

Über die Not der Flüchtlinge in Deutschland schreibt er:
„Die Zunge verstummt bei dem Versuch, die Seelennot dieser dem Untergang geweihten Menschen zu schildern. Sogar die Tinte erfriert in der Feder zu Eis, während die Hand sie führt, diese schrecklichen Dinge zu erzählen.“

Über die allgemeine Not in Deutschland:
„Schrecklicher als Worte es auszudrücken vermögen, ist dies, daß durch eine kalte, berechnete Rachepolitik Leid und Tod über Millionen von Menschen verhängt werden, die zum größten Teil weder für den Ausbruch des Krieges noch für seine Schrecken verantwortlich sind. Welche Verantwortung kann z.B. kleinen Kindern oder Kindern, die seit Kriegsbeginn geboren wurden, auferlegt werden? Wie kann ein Krieg gegen hilflose Menschen, vor allem gegen alte Leute, gegen Frauen und Kinder gerechtfertigt werden? Warum müssen sie so bitter leiden und eines elenden Todes sterben, nur weil einige Menschen in führenden Stellungen die Ziele und Methoden unserer Politik bestimmen, das mosaische Gesetz des ‘Auge um Auge, Zahn um Zahn’ neu belebt haben?.....Wir haben über die gemeinen Schandtaten, die von den Nazi-Verbrechern begangen wurden, streng zu Gericht gesessen. Sollten wir da nicht auch zu Gericht sitzen über die Schändlichkeiten, die im Namen der vergeltenden Gerechtigkeit begangen werden, die jedoch in der Tat gar keine Gerechtigkeit ist, sondern die reinste Rache. Laßt uns die Worte des göttlichen Richters der Völker beachten:
Mit welchem Urteil ihr richtet, mit dem werdet auch ihr gerichtet werden,
und mit welchem Maße ihr messet, mit dem wird auch euch wiedergemessen werden.“


In seinem diesjährigen Fastenhirtenschreiben untersucht der Bischof von Aachen die tiefsten Ursachen unserer heutigen Not und die Mittel zu ihrer Behebung.
Daß der moderne Mensch immer mehr dem Nihilismus verfällt, ist begreiflich:
„Wer wie das Tier der Wildnis alles Streben und Tun auf die Erhaltung des nackten Lebens richten muß, wer hungert und friert, wer wie das Tier umherschweifen muß, um das Lebensnotwendige zu beschaffen, den kann man mit Gesetzen und Strafen nicht zu Hunger und Frost zurückzwingen.....Wem Gott entschwand, dem entschwand er Glaube an den Menschen und alle Menschenordnung, der betet das Nichts an.....Wir haben die geistige Heimat verloren, wir haben Gott verloren. Jedenfalls ist er nicht mehr die Mitte unseres Lebens, die zentrale, belebende Kraft.“
Gott ist nicht mehr die Mitte in der Christenheit, in der Familie, im Berufsleben, im Leben der Völker.
Was ist zu tun?
Ein jeder muß zunächst für sich selbst wieder Gott zur wirklichen und alleinigen Mitte seines Lebens machen.
Für die andern, die nicht zu dieser Erkenntnis gelangen, heißt es beten, das gute Beispiel geben, Geduld üben, Werke der Nächstenliebe tun.


In der Nacht zum Palmsonntag wird eine Bußprozession der Männer nach Ophoven veranstaltet, wie sie in den letzten Jahren an vielen Orten durchgeführt wurde.
Zweck derselben ist Gebet und Buße für den Frieden. Fast alle Männer und Jungmänner der Pfarre waren zur Stelle. An den 3 Kreuzen auf dem Wege nach Ophoven wurde kurz Halt gemacht und nach jedesmaliger Ansprache gebetet.
In Ophoven war um Mitternacht hl. Messe mit Predigt. Die Haltung der Teilnehmer war mustergültig. Diese nächtliche Bußfahrt hinterließ bei allen eine tiefe Wirkung.


Am 20. April finden die ersten Wahlen für den Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen statt.
Im Amtsbezirk Wassenberg erhalten die christlich-demokratische Union (CDU) 1.468 Stimmen, die sozialdemokratische Partei (SPD) 383 Stimmen, die kommunistische Partei (KPD) 110 Stimmen, die freie demokratische Partei (FDP) 88 Stimmen, das Zentrum (Z) 72 Stimmen.
Im Kreise Geilenkirchen-Heinsberg sind die Ergebnisse:
CDU 20.409 Stimmen, SPD 5.650 Stimmen, KPD 1.781 Stimmen, FDP 472 Stimmen,
Z 1.168 Stimmen.
Im Lande Nordrhein-Westfalen sind CDU und SPD die bei weitem stärksten Parteien, wobei die CDU eine geringe Mehrheit besitzt.
Deutlich ist zu spüren, daß die Wähler sich bewußt vom Radikalismus (KPD) lossagen.


In der ersten Mai-Hälfte weilt der Hochwürdigste Herr Diözesanbischof Johann Joseph VAN DER VELDEN in unserem Dekanat zur Spendung der heiligen Firmung.
Am 7. Mai trifft er in Effeld ein, um 68 junge Christen (41 Knaben und 27 Mädchen) zu Streitern Christi zu weihen.
Wie früher wird der Bischof wieder in feierlicher Weise bei festlich geschmückten Straßen am Ortseingang begrüßt und zur Kirche geleitet.
Morgens feiert der Bischof das hl. Meßopfer mit Ansprache.
Nach Empfang des Kirchenvorstandes und der Lehrerschaft stattet er der stark beschädigten und noch nicht benutzbaren Pfarrkirche in Steinkirchen einen Besuch ab.
Auch besucht er die Kranken und Alten des Ortes, die nicht zur Kirche kommen können.
Nachmittags ist Firmungsfeier und Prüfung der Kinder.
Gegen Abend verabschiedet er sich von der Pfarre, begeistert begrüßt von der Dorfgemeinschaft, die aufs äußerste erbaut ist von der volkstümlichen Art ihres Bischofs.


Für Sonntag, den 11.Mai ist am ‘Birgelener Pützchen’ eine große Kundgebung der Jugend vorgesehen, zu der die katholischen Jünglinge und Jungfrauen des heimatlichen und der benachbarten Dekanate eingeladen sind.
Auf 12-13.000 wird die Zahl der Teilnehmer geschätzt.
In seiner Ansprache richtet der Oberhirte einen mahnenden Ruf an unsere Nachbarvölker, besonders Holland, uns die Heimat zu lassen. Das gleiche Band des Glaubens sollte hüben und drüben zu Gesinnungen und Taten der Versöhnlichkeit und des Friedens führen. Für den Katholiken bedeuten Grenzen nicht Trennung und Feindschaft, sondern nur Verschiedenheit der Sprache und der Regierung bei Gleichheit der Gesinnung und der Liebe.
Er ist das erste Mal, daß der Aachener Bischof öffentlich Stellung nimmt zum Problem der holländischen Grenzforderungen.
Ob sein Ruf gehört wurde?
In den Tagen seines hiesigen Aufenthalts kommt die Nachricht, daß Bischof VAN DER VELDEN von der Universität Bonn zum Ehrendoktor der Theologie ernannt wurde.


Am 23. April bricht auf Effelder Gebiet diesseits der ‘Zollstraße’ rechts vom ‘Neuen Weg’ ein Waldbrand aus.
Man vermutet, daß er durch Unvorsichtigkeit holländischer Holzfäller entstanden ist. Begünstigt durch einen starken Südwind verbreitet das Feuer sich schnell nordwärts, ohne daß es den alarmierten Dorfbewohnern und den später hinzueilenden Feuerwehren der Umgebung gelingt, ihm Einhalt zu gebieten.
Ca. 1.000 Morgen Kiefern- und Fichtenbestand in den Gemeinden Effeld und Dalheim, sowie auf holländischem Gebiete fallen dem Brande zum Opfer!
Unser schöner Wald ist durch eine neue, sich kilometerweit hinziehende schwarze Brandwunde entstellt.


Seit 1946 strömen unaufhörlich neue Flüchtlinge aus der russischen in die westlichen Zonen.
In Schleswig-Holstein kommen auf 1,5 Millionen Einwohner 1,3 Millionen Flüchtlinge. Zu den 51.000 Katholiken des Landes kommen nun 200.000 neue hinzu. Die Armut der Vertriebenen ist unbeschreiblich groß.
In Bayern, so berichtet die Aachener Kirchenzeitung, haben 850.000 vertriebene Menschen keine Wolldecke, 800.000 keinen Strohsack, geschweige eine Matratze, 700.000 kein gebrauchsfähiges Paar Schuhe, 150.000 Männer und 480.000 Frauen und Mädchen keine Unterwäsche. 250.000 Kindern fehlt es an den allernotwendigsten Kleidungsstücken.
In München sind 80 % der Menschen unterernährt.
In Berlin sind 65.000 Tuberkulosefälle gezählt worden, dabei 20.000 offener Tbc.
In Hamburg ist durchschnittlich jeder zehnte Einwohner tuberkulös.
Der bisher verschonte Westen des Reiches muß nun auch Flüchtlinge aufnehmen.
Nach Effeld kommen am 17. Juni 1947 25 Personen, davon 6 ins Pfarrhaus.
Einige von ihnen verlassen bald wieder den Ort, weil er ihnen keine Verdienstmöglichkeiten bietet.
Die Einheimischen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, lassen es an er nötigen Hilfs-bereitschaft fehlen. Bei vielen ist das Christentum leider nicht tief und nicht echt, es reicht nicht bis zum Opfer. Die Not der Zeit und die übertriebene Sucht, sich ihrer zu wehren, hat die Menschen dem Materialismus und Egoismus in die Arme getrieben.
Die Bauern, denen man zugute halten kann, daß sie in der Vergangenheit für ihre Arbeit und ihre Produkte oft schlecht bezahlt wurden, sehen die Zeit gekommen, da sie aus der allgemeinen Not ein gutes Geschäft machen können. Sie entziehen sich vielfach der Ablieferungspflicht und bringen ihre Erzeugnisse auf den ‘Schwarzen Markt’, wo sie hohe Preise erzielen oder gegen begehrte Mangelwaren eingetauscht werden.
Fast täglich kommen Städter in den Ort, die teils aus Not, teils aus Geschäft Gebrauchsgegenstände, Stoffe und dergleichen gegen Nahrungsmittel anbieten.
Es blüht der Tauschhandel.
Die Industrie stellt sich auf ‘Kompensation’ um, sie gibt ihre Produkte zum größten Teil nur gegen ‘Brauchbares’ (Butter, Fett, Getreide, Kartoffeln) heraus. Wer nichts zu kompensieren hat, ist auf die mageren amtlichen Zuteilungen angewiesen.
Ein Normalverbraucher soll täglich 1.550 Kalorien an Nahrungsmitteln erhalten; in Wirklichkeit wird diese Zahl aber nicht erreicht. 2.500 Kalorien müßte der Mensch normalerweise haben.
Die Behörden sehen tatenlos diesem Treiben zu und tun nichts zur Beseitigung der Mißstände. Sie verschanzen sich hinter Kompetenzschwierigkeiten zwischen deutschen und Besatzungsstellen.
Von vielen Amtsinhabern weiß man, daß sie selbst die dunklen Kompensationsgeschäfte mitmachen.
Die Moral des Volkes sinkt immer tiefer ab, man läßt die Forderungen des 7. Gebotes nicht mehr gelten.
Die hiesige Bevölkerung, die schon in normalen Zeiten zu fragwürdigen Grenzgeschäften neigte, kann den bösen Verlockungen der Zeit schlecht widerstehen.
Der Priester auf der Kanzel ist fast der einzige, der offen für Gerechtigkeit und Sauberkeit eintritt. Daß ihm dabei kein allzu großer Erfolg beschieden sein kann, ist verständlich.


Für die Jugend sind die Zeitumstände besonders gefährlich, sie wird nicht leicht wieder zu Lauterkeit und Ehrlichkeit zu erziehen sein.
In den Städten und Industriezentren ist die Not naturgemäß größer als auf dem Lande.
Der Präsident der Quäker (Amerika) Otto R. HAUSER, gebürtig aus Tübingen, hat Deutschland einen sechswöchigen Besuch abgestattet und hat sich in dieser Zeit nur von deutschen Rationen ernährt; er hat dabei 24 Pfund abgenommen!
Es muß ein besserer Ausgleich zwischen Stadt und Land geschaffen werden.
Auf Anregung des Aachener Bischofs werden Stadtkinder für die Dauer der Sommerferien aufs Land gebracht.
Auch in unseren Ort kommen mehrere Mädchen aus Eilendorf bei Aachen, um wenigstens bei vorübergehender besserer Ernährung sich zu erholen.


Auf Anordnung des Alliierten Kontrollrats in Berlin, der augenblicklich höchsten Regierungsstelle in Deutschland, wird ab 1. Mai die doppelte Sommerzeit eingeführt, d.h. der Uhrzeiger wird um 2 Stunden vorgerückt.
Da wir hier im Westen bei normaler mitteleuropäischer Zeit schon 36 Minuten der Sommerzeit voraus sind, so ergibt sich, daß wir um 2 ½ Stunden früher sind als die wirkliche Zeit. So erleben wir im Juni, daß die Sonne erst nach 11 Uhr abends untergeht!
Die Behörden sehen bald den Unsinn ihrer Anordnung ein und schaffen am 29. Juni die doppelte Sommerzeit wieder ab; sie kehren wieder zur einfachen Sommerzeit (mit 1 Stunde Vorsprung) zurück.


Der Sommer 1947 ist ausgezeichnet durch eine anhaltende Hitze und Dürre, wie man sie seit Menschengedenken nicht mehr erlebt hat.
Am 1. Juni (‘Dreifaltigkeitssonntag’) geht ein heftiges Gewitter mit Platzregen und Hagel nieder, das großen Flurschaden anrichtet..
Danach gibt es keinen nennenswerten Regen mehr bis zum 22. September, um dann abermals wochenlang auszubleiben.
Am 24. Juni werden 38 ° Wärme im Schatten gemessen, die bisher überhaupt bekannte höchste Temperatur! Die Folgen für die Landwirtschaft sind verheerend. Während die Obsternte reich ausfällt, ist der Getreideertrag schlecht, die Viehfutterlage katastrophal.
Unser notleidendes Volk sieht sich damit vor noch größere Zukunftssorgen gestellt.


Auch in diesem Jahre wird die Erstkommunion der Kinder (9 Knaben, 10 Mädchen) vom ‘Weißen Sonntag’ auf das ‘Herz-Jesu-Fest’ am 15. Juni verlegt.


Am 26. Juni erleben die Eheleute Johann Joseph DECKERS und Maria Agnes Hubertine STAAS das seltene Fest der Goldenen Hochzeit.
Auf Wunsch der Jubilare wird das Fest in aller Stille begangen; man will sich nicht der lauten Freude hingeben, solange noch zwei Söhne des Ehepaares vermißt sind.
Unser Kirchenchor, der nun schon übers Jahr eifrig probt, verschönt ab und zu durch mehrstimmige Gesänge den Gottesdienst.
Am Sonntag ‘Laetare’, 16. März, tritt er auch mit einem Konzert von weltlichen Gesängen an die Öffentlichkeit.
Seine Darbietungen werden von Kennern günstig zensiert.


In neuerer Zeit mehren sich die Klagen auf Nichtigkeitserklärung der Ehe,
eine Folge der leichtfertig geschlossenen Kriegsehen. Die Sakramenten-Kongregation hat am 29.6.1941 eine neue Instruktion über die vom Pfarrer anzustellenden Nachforschungen über Ledigenstand und Meldung von Eheschließungen erlassen. Einstweilen wird von den deutschen Bischöfen die Einführung eines Brautexamen-Protokolls angeordnet, das genaueste Angaben über
Ledigenstand,
Ehehindernisse,
Einstellung der Nupturienten (=Brautleute) zu Wesen und Zweck der Ehe
der Ehe enthalten muß..
Das Protokoll, von den Brautleuten unterschrieben und im Pfarrarchiv aufbewahrt, soll verhüten, daß spätere böswillige Klagen auf Nichtigkeitserklärung der Ehe erhoben werden können.


Ein gemeinsames Hirtenschreiben der deutschen Bischöfe aus Fulda ist, wie sie selbst sagen, ein Trost- und Mahnwort in schwerster Zeit.
Die Not ist riesengroß bei allen, besonders aber die Not der Flüchtlinge, der Kriegsgefangenen.
Riesengroß auch die seelische Not, die sittliche Not, die Ehe- und Familiennot.
Wie kann geholfen werden?
Durch Selbsthilfe, soweit sie uns möglich ist, durch Lösung der sozialen Frage nach den Richtlinien der päpstlichen Enzykliken, insbesondere durch eine Neuordnung der Eigen-tumsverhältnisse, die einen gerechten Ausgleich schafft zwischen den Besitzenden und den Geschädigten.
Vor allem ist Gottes Hilfe vonnöten, die wir uns erwerben sollen durch Gebet und Buße.

„Der göttliche Helfer ist immer größer als die menschliche Not. Auch aus dem bittersten Leid und dem tiefsten Elende kann Gottes gütige Hand herausführen. Wenn die Leidens- wogen am höchsten gehen, dann bleibt euch eines:
das Kreuz des Herrn!
Für alle Zukunft bleibt das Kreuz eine Kanzel der Wahrheit, ein Thron der Gerechtigkeit,
ein Altar der Liebe.“


Mit Mai 1945 ist der Krieg zu Ende, aber der Friede ist noch immer nicht da.
Die vier Alliierten (England, Amerika, Frankreich, Rußland) können sich nicht einigen.
Am 10. März 1946 treten die vier Außenminister zu Friedensberatungen in Moskau zusammen; am 25. April 1946 gehen sie ohne Einigung wieder auseinander.
Eine neue Friedenskonferenz wird am 25. November 1946 in London eröffnet; am 15. Dezember 1946 wird sie ergebnislos abgebrochen.
Die Katholiken, besonders in Deutschland haben unterdessen unaufhörlich für den Frieden gebetet.
Für den 16. März 1947 wird vom Bischof ein besonderer ‘Bettag für den Frieden’ angeordnet. Bei der hl. Messe wird von da ab vom Priester die ‘Oratio pro pace’ als ‘imperata pro re gravi’ eingelegt; die Gläubigen verrichten nach der Wandlung ein besonderes Friedensgebet.
In unserer Diözese wird, von Krefelder Katholiken angeregt, ein Gebetskreuzzug der Männer für den Frieden unternommen. Ein großes Holzkreuz wird am Karfreitag in einer Krefelder Kirche geweiht und von dort aus nach einem festgelegten Plan von katholischen Männern durch die Pfarreien des Bistums getragen. An jedem Orte bleibt es 24 Stunden, um danach an die Nachbarpfarrei in feierlicher Weise weitergegeben zu werden. Nicht alle Orte kann das Kreuz berühren, da die Zahl der Pfarreien zu groß ist.
Am Tage vor Pfingsten gelangt das Kreuz von Arsbeck kommend nach Birgelen.
Am Pfingstsonntag begeben sich die Männer von Effeld nach Birgelen und wohnen dort der kirchlichen Feier mit Predigt und der feierlichen Überreichung des Kreuzes an die Pfarre Wassenberg bei.
Am 28. September hat das Kreuz seine Wanderung durch das Bistum beendet.
Zuvor findet in der ganzen Diözese eine Gebetswoche für den Frieden nach besonderem Plan statt:
Der Montag ist Tag des Gebetes zum Hl. Geiste für die Friedensberater.
Dienstag ist Gebetstag für die Gefallenen und Vermißten (in unserer Pfarre sind es noch 46).
Mittwoch Tag des Gebetes für die Gefallenen (in unserer Pfarre 28).
Donnerstag Tag des Gebetes für die Völker, für Freund und Feind.
Freitag Sühnetag für die Frevel unseres Volkes.
Samstag Tag des Gebetes zu Maria, der Friedenskönigin.
Der Sonntag als Abschlußtag des Kreuzzuges für den Frieden sieht in Aachen 20.000 katholische Männer versammelt, die in mustergültiger Ordnung und Haltung das Kreuz durch die Stadt zu seiner Endstation im Dom begleiten. Morgens ist auf der Freitreppe des Rathauses Pontifikalamt durch den Apostolischen Visitator für Deutschland Bischof A. MÜNCH von Fargo (U.S.A.), der auch die Predigt hält.
„Was bezwecken wir in dieser Welt, die in Trümmern liegt? Wir wollen schaffen eine Welt der Liebe, und in dieser Welt wollen wir das Kreuz Jesu Christi aufrichten und hochhalten. Von diesem Kreuz wird abermals der Segen und das Glück der Liebe und des Friedens und des Wohlergehens in die Menschheit hinausströmen. Auch wir müssen uns eine Atombombe machen, aber eine Atombombe, die angefüllt ist mit der göttlichen Energie der Liebe zu Gott und zum Nächsten. Sie müssen wir hinauswerfen in die Menschheit, damit sie die schwarzen und finsteren Mächte des Unfriedens verscheucht, damit abermals neues Licht und neue Kraft in die Ordnung der Welt hineinkommt.“


Nachmittags wird das Kreuz feierlich im Dom aufgerichtet, wo es als ewiges Mahnmal an den Kreuzzug der katholischen Männer von 1947 für den Frieden stehen wird.
1947 hat den Frieden nicht gebracht, aber das Beten für den Frieden geht nicht weniger beharrlich weiter.


Der jetzige Pfarrer von Steinkirchen kann am 13. August auf eine 25jährige Priestertätigkeit zurückblicken. Auf eigenen Wunsch wird von jeder kirchlichen und außerkirchlichen Feier Abstand genommen. Nur in stiller Zwiesprache mit Gott will der Jubilar den 25. Jahrestag seiner Priesterweihe begehen.


Für die Pfarrkinder findet in der Zeit vom 19. bis 26. Oktober eine religiöse Woche mit Predigten über das katholische Priestertum statt, die mit dem ‘Christkönigsfeste’ schließt. Prediger ist Prälat Johannes SOLZBACHER aus Aachen, der schon mehrfach in Effeld religiöse Wochen gehalten hat.


Nach einem Erlaß der Sakramentenkongregation vom 14. September 1946 kann von nun ab der Pfarrgeistliche schwerkranken Kindern und Erwachsenen in wirklicher Todesgefahr das hl. Sakrament der Firmung spenden.
Nicht oft wird der Priester die Gelegenheit haben, von diesem Privileg Gebrauch zu machen; er wird es aber notfalls gern tun, um einen sterbenden Gläubigen für den letzten Kampf zu stärken.


Der Bischof verordnet am 1. Dezember 1947:
„Mit Rücksicht auf die gegenwärtige Ernährungslage dispensiere ich hierdurch bis auf Widerruf kraft ‘Apostolischer Vollmacht’ Priester und Gläubige der Diözese Aachen, soweit sie von dieser katastrophalen Ernährungslage betroffen werden, vom
eucharistischen Nüchternheitsgebot
in der folgenden Form:
Zelebranten und Kommunikanten können in jedem Falle - sowohl vormittags wie nachmittags- bis unmittelbar vor Beginn des hl. Opfers bezw. bis unmittelbar vor dem Empfang der hl. Kommunion Nahrung in flüssiger Form, wobei alkoholische Getränke ausgeschlossen sind, zu sich nehmen.
Wer nach 13 Uhr das hl. Opfer feiert bezw. nach 13 Uhr zur hl. Kommunion geht, darf außerdem bis drei Stunden vor dem Empfang der hl. Kommunion Nahrung in fester Form zu sich nehmen“


Ein Zeichen der Zeit ist das Effelder Notgeld, das die Effelder Spar- und Darlehnskasse herausgibt, um der herrschenden Knappheit an Kleingeld zu begegnen.


Am Tage vor Weihnachten hält der Hl. Vater eine bedeutsame Ansprache zu den Problemen der Zeit, insbesondere zu den vergeblichen Friedensbemühungen.
Drei Ursachen für das Nichtzustandekommen einer Friedensregelung zählt er auf:
die Abkehr vom Geist der Wahrhaftigkeit,
die fehlende Bereitschaft zu Opfern für den Frieden
und der Mangel an Brüderlichkeit oder Nächstenliebe.
„In die Tagungen der Menschen mischt sich unbeobachtet der Geist des Bösen ein, der Engel des Abgrundes, der Feind der Wahrheit, der Schürer des Hasses, der Verneiner und Zerstörer jeglicher Brudergesinnung.
Aber Vertrauen!
Auf den Tagungen der Staatsmänner führt ein anderer, unsichtbarer Geist als souveräner Herr den Vorsitz, der allmächtige Gott, dessen Blick nichts entgeht, der die Gedanken und Herzen in seinen Händen hält, um sie nach seinem Wohlgefallen und zu der von ihm bestimmten Stunde zu beugen.“

Vidi in visit. eccles. 12.XII.1948 Ruppertzhoven dec.


Das Jahr 1947 geht zu Ende.
Die meisten Kriegsteilnehmer sind nach und nach in die Heimat zurückgekehrt; aber es fehlen aus unserer Gemeinde noch 55.
Von diesen haben 17 seit Kriegsende noch nicht geschrieben, und Nachforschungen nach ihnen bei Auskunftsstellen des Roten Kreuzes, des Caritas-Verbandes u.s.w. sind ergebnislos geblieben.
Die alliierten Militärregierungen, einschließlich Rußland, haben versprochen, alle deutschen Kriegsgefangenen bis Ende 1948 zu entlassen.
Mit dieser Hoffnung gehen die Angehörigen ins neue Jahr und harren weiter aus
im Gebete für ihre Lieben in der Gefangenschaft.


1948


Am 1. Januar wird in der Kirche bekanntgegeben, daß 1948 ein besonderes Gnadenjahr für die Pfarre sein wird, da es das Jahr der Volksmission
sein soll.
Vom 7.-21. März soll sie von Herz-Jesu-Missionaren aus Hamm in Westfalen gehalten werden.
Die Gläubigen werden ermahnt, eifrig um die Gnade Gottes für das Gelingen der Mission zu beten.
Ein eigenes Vorbereitungsgebet wird täglich bei der hl. Messe verrichtet.


Die Ernährungslage in den Westzonen, die immer noch schwierig ist, erreicht im Januar einen kritischen Höhepunkt und wird in den Industriegebieten an Rhein und Ruhr zu einer förmlichen Hungerkatastrophe. Schuld daran sind die vorjährige schlechte Ernte (infolge anhaltender Dürre) und die zögernde Ablieferung von seiten der Erzeuger.
Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen richtet einen dringenden Notruf an die Militärgouverneure und deutschen Ministerpräsidenten.
Deutsche und fremde Hilfe setzt ein.
Der Wirtschaftsrat in Frankfurt erläßt ein Nothilfegesetz zur Erfassung und Verteilung der Lebensmittelbestände in allen Haushaltungen. Danach muß jeder Haushalt die über eine Dekade hinaus reichenden Vorräte anmelden und abliefern.
Daß diesem viel belächelten sogenannten Speisekammergesetz kein großer Erfolg beschieden sein konnte, war von vornherein zu erwarten. Die Durchführung des Gesetzes wurde im übrigen so lässig betrieben, daß es nicht den Aufwand für die mehrere Millionen Fragebogen gelohnt hat, die auszufüllen waren.
Nach und nach jedoch nahm die Not ein Ende.


Die kirchlichen Schützenbruderschaften mußten unter dem Naziregime ihren kirchlichen Charakter ablegen und weltliche Schützenverbände werden oder sich auflösen.
Die hiesige St. Martini-Schützenbruderschaft (gegründet 1609) fand eine Mittellösung:
sie meldete einen Teil ihrer Mitglieder als weltlichen Verein an und blieb im übrigen, wenn auch ohne öffentliches Auftreten, bestehen.
Heute sind ihnen die herkömmlichen Aufzüge von der Militärregierung verboten, weil sie als militärähnliche Übungen angesehen werden.
Von kirchlicher Seite, besonders von Kardinal FRINGS, Köln wird in Eingaben und Besprechungen mit den Alliierten der vorwiegend kirchliche Charakter der Bruderschaften nachgewiesen. Es wird erreicht, daß die Bruderschaften wieder öffentlich auftreten dürfen, aber nur dann, wenn sie kirchlich organisiert sind und sich kirchlich betätigen.
Auf einer Generalversammlung der hiesigen Bruderschaft wird mit großer Mehrheit (75 %) beschlossen, dem ursprünglichen kirchlichen Charakter entsprechend den Anschluß an die Erzbruderschaft vom hl. Sebastianus (Sitz in Leverkusen bei Köln) zu vollziehen.


Der anwesende geistliche Präses (Pfarrer) erläutert die wichtigsten den Schützenbrüdern zufallenden Aufgaben und ermahnt sie, nicht nur für die Abhaltung von Vogelschußfeiern und Kirmessen besorgt zu sein, sondern auch den Ehrgeiz zu besitzen, die vorbildlichsten Männer der Pfarre und zuverlässigsten Stützen des Priesters zu sein.

In seinem diesjährigen Fastenhirtenschreiben berührt der Oberhirte unserer Aachener Diözese die dringendsten religiösen Forderungen der Gegenwart für den Einzelnen, für die Familie und für Gemeinde und Volk. Die zermürbende Not der Gegenwart kann nur ertragen, wer fest steht im Glauben an Gott und in der Treue zu seinen Geboten. Die gute Familie setzt eine reine Bekanntschaft voraus.
„Der Glaubenslose, der Sittenlose, der Trinker, der unsittlich Kranke, das oberflächliche, zucht- und schamlose Weib, das nur Vergnügen sucht und keine Religion besitzt, sind unwürdig und unfähig, eine glückliche, heilige Ehe zu schließen, aus der ein Geschlecht gesunder, frommer und guter Menschenkinder heranwächst! Opferbereites Ja zum Kindersegen, religiöse Erziehung und Pflege anziehender Häuslichkeit sind heute wichtige Elterntugenden. Die christliche Großfamilie ist da, wo ‘die christlichen Glieder der Gemeinde die führende Schicht sind’.“ Sich an die Jugend wendend, schreibt der Bischof:
„Der Sport darf nicht vor die Ehre Gottes gehen und vor den Gottesdienst.....Laßt mir die Kirche im Dorf!.....Wir wollen Christen sein, die Gott dem Herrn die Ehre geben und sein Gebot befolgen, dann wird unser Leben segnende Macht haben.“

Zu Beginn des neuen Kirchenjahres (20. November 1947)
hat Papst PIUS XII. eine neue Enzyklika (Mediator Dei) über die Liturgie erlassen.
Sie behandelt Fragen der Liturgie im allgemeinen, den modernen Kirchengesang, den Gebrauch des Meßbuchs durch die Laien, die Verwendung der lateinischen Sprache und der Muttersprache im Gottesdienste, die liturgischen Farben, etc.
Ein zweiter Abschnitt dient der Verehrung der Eucharistie, ein dritter dem Breviergebet und den Festen des Kirchenjahres.
In den pastoralen Ermahnungen des Schlußteiles empfiehlt der Hl. Vater die hl. Exerzitien und fordert zum liturgischen Apostolat auf.


In welch umfassender, vielseitiger Weise der Deutsche Caritas-Verband
die Not der Zeit lindern hilft, mögen ff. Zahlen dartun.
120.000 Männer und Frauen sind in ihm z.Zt. hauptberuflich tätig, dazu noch 600.000 ehrenamtliche Helfer und Helferinnen.
An Anstalten besitzt er:
800 Krankenhäuser mit 85.000 Betten,
25 Tbc-Heilstätten mit 3.500 Betten,
29 Fachanstalten, wie Augen-, Nasen-, Ohren-, Kinderkrankenhäuser und
Frauenkliniken mit 2.500 Betten,
101 Anstalten für Körperbehinderte mit 21.000 Betten,
158 Heime für Mutter und Kind mit 7.500 Betten,
Alten- und Siechenheime mit 30.000 Betten,
500 Kinderheime, Waisenhäuser und Erziehungsheime mit 52.000 Betten
sowie
5.200 Gemeinde-Krankenpflegestationen, 3.300 Kindergärten und -horte und 2.500 Nähschulen und Handarbeitsschulen.


Auch in unserer Pfarre herrscht teilweise große Not.
Außer den normalen Fällen von Armut, wie sie durch Kinderreichtum, Erwerbslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Alter entstehen kann, sind besonders die Frauen und Kinder der gefallenen oder gefangenen Krieger von der Not der Zeit schwer getroffen. Ihnen zu helfen ist im Jahre 1946
die Pfarr-Caritas wieder ins Leben gerufen worden.
Die Pfarre ist in 8 Bezirke eingeteilt, in denen monatlich von Jungfrauen gesammelt wird.
Die Monatsbeiträge schwanken zwischen 0,50 - 2,00 Mark.
Seit September 1946 sind 2.086,50 M eingekommen, eine ansehnliche Summe, mit der mancher Notfall gelindert werden konnte.
Sachspenden vom Deutschen Caritas-Verband werden ab und zu durch die Kreis-Caritas-Stelle (Pfarramt Wassenberg) angewiesen, die meist aus ausländischen Spenden für Deutschland stammen, hauptsächlich aus Amerika, dem Vatikan und Irland.
Außerdem erfreut sich unsere Pfarre einer besonderen Hilfsquelle in Canada. Dort (Quebec) befindet sich ein ehemaliger Studienfreund, Pater Hermes FUCHS, mit dem mich auch heute noch innige Freundschaft verbindet. Er setzt sich bei seinen Bekannten und Freunden sehr aktiv für jede Hilfe zugunsten Deutschlands ein; er hat beträchtliche Mengen von Lebensmitteln, Kleidungsstücken, Säuglingswäsche, Altarkerzen, u.s.w. nach hier geschickt, die zur Verteilung an die Bedürftigen der Gemeinde gelangt sind.
Ihm gebührt der aufrichtige Dank der ganzen Pfarre.

In der Nachkriegszeit
ist für die katholische Kirche eine völlig neue Lage entstanden, wie sich aus folgenden Zahlen ergibt.
Es befinden sich etwa 5 Millionen katholischer Flüchtlinge aus dem Osten diesseits der Oder-Neiße-Linie.
Von den 25 Diözesen Deutschlands sind 2 verloren (Ermland und Freie Prälatur Schneide mühl).
Die 5 Millionen ‘Neukatholiken’ sind hauptsächlich in der Diaspora untergebracht, wo infolge von Mangel an Priestern und Gottesdiensträumen die seelsorgliche Not ins Uner-trägliche gestiegen ist. Es gibt Bezirke, in denen 1 Priester für 30, 50 und 70 Ortschaften sorgen muß, bei schwierigsten Verkehrsverhältnissen, fast ohne Hilfsmittel.
300.000 Kinder sind ohne Religionsunterricht.

Die Zeit der hl. Mission naht heran.
Durch zwei Flugblätter (‘Stimme des Rufenden’), eigens für diese Mission verfaßt, und den persönlichen Besuch des Seelsorgers in jeder Familie werden die Gläubigen nochmals eingeladen. In seelsorglicher Hinsicht bietet die Pfarre zu Beginn der Mission folgendes Bild:
Männer 186
Frauen 218
Jünglinge (14-25 Jahre) 53
Jungfrauen (14-25 Jahre) 50
Schulkinder 152
Kleinkinder 94
Junggesellen 36
ältere Jungfrauen 49
3 Ehen mit 9 Kindern
2 Ehen mit 7 Kindern
6 Ehen mit 6 Kindern
6 Ehen mit 5 Kindern
17 Ehen mit 4 Kindern
16 Ehen mit 3 Kindern
48 Ehen mit 2 Kindern
39 Ehen mit 1 Kind
20 Ehen mit 0 Kind


Beschäftigung der Männer:
Landwirtschaft 70
Geschäfte 22
Arbeiter 77
Angestellte 9
Handwerker 13
ohne festen Erwerb 25

Insgesamt 838 Katholiken in 229 Haushaltungen.
Gemischte Ehen 6.


Vor der Mission für die Erwachsenen ist eine 4tägige Kindermission, vom 3. bis 7. März, die aber in den 14 Tagen der Erwachsenen-Mission durch eine tägliche Ansprache an die Kinder ergänzt und vertieft wird.
Die Erwachsenen-Mission ist eine Gemeinschaftsmission, sie ist - mit Ausnahme der Standesvorträge - für Männer und Frauen gemeinsam und erstreckt sich für beide Stände über 14 Tage.
Es werden täglich 4 Predigten gehalten:
morgens 6 Uhr, 8.30 Uhr, nachmittags 4 Uhr, abends 8 Uhr.
Die erste und die dritte Predigt behandeln dasselbe Thema, werden aber nicht vom gleichen Missionar gehalten; ebenso die zweite und die vierte Predigt.
Die Teilnehmer können also entweder eine Morgenmission mitmachen, indem sie die beiden Morgenpredigten besuchen, oder eine Abendmission, indem sie den Abendpredigten beiwohnen, oder eine Tagesmission, indem sie eine Morgenpredigt und eine Abendpredigt anhören. Dafür müssen sie allerdings größere Ausdauer zeigen, indem sie dies nicht 8 Tage, sondern 14 Tage durchführen.
Die Gemeinschaftsmission hat sich hier bewährt.
Die Missionare waren die Hochw. Herren P. OSTASCHINSKI und P. SCHIERBACH, Herz-Jesu-Missionare aus Hamm in Westfalen.


Themata und Reihenfolge der Predigten waren:
das natürliche Menschenbild,
das übernatürliche Menschenbild,
Christus,
Gott der Herr (1. und 2. Gebot),
die Todsünde,
das Gebet,
das Gericht,
der gute Hirt (Barmherzigkeit),
die Missionsbeichte,
die läßliche Sünde,
Standesvortrag für Frauen,
die Kirche,
Standesvortrag für Jungfrauen,
1. Standesvortrag für Männer,
1. Standesvortrag für Jungmänner,
Sonntagsheiligung,
Erziehung (mit Kindersegnung),
Standesvortrag für Jungfrauen,
2. Standesvortrag für Jungmänner,
der Tod (mit Totenfeier),
die Arbeit,
Standesvortrag für Frauen,
Rechte und Pflichten des Eigentums,
das Bittgebet,
Nächstenliebe,
Warum das Leid?,
Himmel und Hölle,
Abtötung,
Eucharistie (mit Sakramentsfeier),
der gute Vorsatz,
das hl. Meßopfer,
Volk und Vaterland,
hl. Kommunion,
die Mutter Gottes (mit Marienfeier),
die Verchristlichung der Welt (Schlußfeier),
Armseelenpredigt.


Die Beteiligung der Pfarrkinder an der hl. Mission war gut; sie betrug 97 %. Eifer und Ausdauer waren sehr lobenswert, was auch die Missionare bestätigten. Es hat allerdings den Anschein, als wenn der Erfolg nicht so dauerhaft wäre wie bei früheren Missionen; es mag dies auf die allgemeinen ungünstigen Zeitverhältnisse zurückzuführen sein. Gebe Gott, daß bei Gesundung und Festigung der Verhältnisse die noch schlummernde Saat der Mission später aufgehen möge.


In einem Punkte erzielte die Mission eine auffallende und sehr erfreuliche Wirkung: sie vermittelte die Rückgabe manchen fremden Gutes an den rechtmäßigen Eigentümer.
In der letzten Kriegs- und Nachkriegszeit waren viele Sachen von Soldaten und Zivilisten entwendet oder in andere Häuser verschleppt worden, was bis jetzt noch nicht zurückerstattet war. Das führte zu vielen Verdächtigungen und Streitigkeiten. In der Mission wurde angeregt, die Gläubigen möchten eine Liste der in ihrem Besitze befindlichen fremden Gegenstände im Pfarrhause abgeben, damit von hier aus die Rückgabe - wenn gewünscht, anonym - erfolge.
Die Anregung bewährte sich: es wurden nicht nur solche Listen, sondern zum Teil die fremden Gegenstände selbst bei Nacht und Nebel am Pfarrhause abgestellt.
Eines Morgens thronte sogar ein Korbsessel rittlings auf einer Hecke des Pfarrgartens.
Es konnte in vielen Fällen die Eigentumsordnung wiederhergestellt und der Dorffriede gesichert werden.

Nordrheinland und Westfalen
sind zwei überwiegend katholische Länder, und ihr Landtag müßte dementsprechend aus einer Mehrheit Katholiken bestehen. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie folgende Statistik zeigt:
Im Landtag von Nordrhein-Westfalen sitzen
93 Katholiken,
69 Dissidenten,
49 Protestanten,
4 Gottgläubige,
1 Jude.

Die CDU weist 72 Katholiken und 20 Protestanten auf,
die SPD 1 Katholiken, 18 Protestanten, 42 Dissidenten, 3 Gottgläubige,
die KPD 27 Dissidenten, 1 Juden,
das Zentrum 19 Katholiken und 1 Protestanten,
die FDP 1 Katholiken, 10 Protestanten, 1 Gottgläubigen.


Am 4. April, ‘Weißen Sonntag’, werden 37 Kinder (18 Knaben und 19 Mädchen) zur ersten heiligen Kommunion geführt.
Dies ist seit 1912 die größte Zahl. Sie erklärt sich aus der Stärke des Jahrganges 1939 und aus dem Hinzukommen von einigen durch die Kriegsverhältnisse zurückgebliebenen Schulkindern.


Am Nachmittag des Festes ‘Christi-Himmelfahrt’ (6. Mai) findet eine große Kundgebung für die katholische Jugend und die katholische Männerwelt unseres und der benachbarten Dekanate statt, auf der der Bischof VAN DER VELDEN erscheint und das Wort ergreift.
Rund 20.000 Jugendliche und Männer lauschen begeistert seinen Worten.
Der Bischof führt u.a. aus:
„In unseren Tagen kann ein Christ nicht ein unverbindliches Frommsein leben. Es muß jeder da, wo er steht, ein Apostel Jesu Christi sein.....Die Stunde ist so ernst, daß wir alle, jeder für sich, es geloben müssen: Wo katholische Jugend steht, wo ein katholisches Mädchen lebt, wo ein katholischer Jungmann wandelt, da sind die Apostel des Reiches Gottes, die Vielgetreuen. Ich komme zu euch, und es war mir sehr schwer zu kommen, denn ich komme von der Totenbahre meiner Schwester, die ich gestern durch plötzlichen Tod verlor. Aber ich habe mir gesagt: Meine Schwester ist bei Gott, sie ist nicht gefährdet, aber gefährdet ist die Jugend, und sie wartet auf ihren Bischof.“
Er ermahnt sie zum Schluß, den Vorsatz zu fassen: ‘Ich will treu sein mir selbst, meinem Volk und meinem Gott.’
Die Kundgebung, wohl die größte der letzten Jahre am ‘Birgelener Pützchen’, hat die Teilnehmer stark beeindruckt; sie wird hoffentlich die Jugend zu größerer Treue angespornt haben!

Der Bischof war erst vor wenigen Tagen von einer Romreise, dem pflichtgemäßen Besuch ‘ad limina’, heimgekehrt.
Er war beim Hl. Vater am Tag der italienischen Wahlen, 18. April, und konnte im engeren Kreise über das gute Ergebnis dieser Wahlen berichten.
Die Katholiken Italiens standen vor der Entscheidung, entweder wie bisher durch Wahlmüdigkeit dem Kommunismus zur Macht zu verhelfen, oder restlos zur Wahl zu schreiten und ein christliches Parlament zu schaffen. Der Papst ließ durch die Bischöfe die Gläubi-gen unter strenger Gewissenspflicht auffordern, ihr Wahlrecht auszuüben. Die ganze Welt war auf das Wahlergebnis gespannt; bei einem Sieg der Linksradikalen war ein wichtiges Tor für das weitere Vordringen des Kommunismus in Europa geöffnet. Die Katholiken Italiens taten ihre Pflicht, die Christlichen trugen einen großen Wahlsieg davon, der im Westen Europas große Entspannung und Beruhigung auslöste.
Über die Haltung der deutschen Katholiken in der Nazizeit
schreibt der Hl. Vater an den Verfasser des Buches ‘Der bayerische Klerus in der Zeit dreier Revolutionen 1918 / 1933 / 1945’, Geistl. Rat Alois NATTERER:
„Die beste Abwehr gegen eine mit staatlichen Machtmitteln durchgeführte Kirchenverfolgung ist die stille, geduldige, zähe Weiterführung des christlichen und kirchlichen Lebens aus unerschütterlichem Glauben heraus.....Das zähe Wollen der Katholiken hat sich durchgesetzt, und jener Glaube war das Kostbarste, was die deutschen Katholiken in dem erschütternden Geschehen der letztvergangenen Jahre ihrem Volke schenken konnten und was sie im Augenblick seines tiefen Unglücks und für den Wiederaufstieg aus ihm schenken können.....Nunmehr heißt es vergeben, trösten, wieder aufbauen, mit viel Geduld und weitherziger Liebe.“
In einem weiteren Schreiben an den deutschen Episkopat gibt der Hl. Vater seiner Besorgnis um das heute so schwer leidende Deutschland Ausdruck.
„Wir werden nicht müde, Vernunft und Gewissen der Welt und der führenden Männer, sowie den Brudersinn der Gläubigen anzurufen und ihnen begreiflich zu machen, daß der planvolle Kampf gegen die Not in Deutschland und anderen Mangelländern die gemeinsame Pflicht aller noch gebefähigen Länder und Völker ist, und daß sie, selbst wenn in den Kriegsjahren von deutscher Seite Schwerstes und Grauenvolles über sie dahinging, weitherzig genug sein mögen, Vergangenes zu vergessen und auch euch, sowie ganz Europa und der ganzen Menschheit die Hoffnung auf ein besseres Morgen im Zeichen der Liebe zu schenken.“


Abermals droht die Not in Deutschland sich zu einer allgemeinen Krise auszuwachsen. Außer den auf Lebensmittelkarten zugeteilten knappen Nahrungsmitteln sind andere Verbrauchsgüter fast nur noch im Schwarzhandel zu unerschwinglichen Preisen oder gegen ‘Kompensationen’ zu erstehen.
Die Gesetzgebung ist außerstande, den Abgang der erzeugten Güter auf den illegalen Markt zu verhüten. Die gewissenlosen Spekulanten und Konjunkturritter feiern Triumphe; die Ehrlichen werden immer weniger, die Not drängt auch sie auf die Wege der ‘anderen’. Die Begriffe von ‘Erlaubt’ und ‘Unerlaubt’ geraten ins Schwanken.
Kardinal FRINGS von Köln erhebt mahnend seine Stimme. Das Verhalten derer, ‘die sich Christen nennen und regelmäßig zu den Sakramenten gehen’, habe eine steigende Zuspitzung der Gegensätze zwischen den Besitzenden und den durch die Zeit Enterbten zur Folge. Es müßten ‘die Forderungen der christlichen Gerechtigkeit und Liebe nach beiden Seiten’ geltend gemacht werden. Dazu gehöre Mut, da man die Gunst beider Parteien verlieren könnte. Einige besonders krasse und allgemein geübte Abirrungen sollten jedoch offen gebrandmarkt werden, wie z.B. Schwarzhandel und Schwarzschlachtung, Warenhortung, Lebensmittelwucher, Währungsreform-Spekulation, Fernhalten von Flüchtlingen aus dem eigenen Hause und anderes mehr. Für die Überwindung der Ichsucht bedürfe es schon der stärksten, d.h. der religiösen Motive, vor allem des persönlichen Beispiels des Priesters.
Alle Mahnungen und Warnungen scheinen in den Wind gesprochen zu sein. Wenn nicht Unehrlichkeit und Hartherzigkeit alle ergreifen soll, dann muß bald eine Änderung eintreten.


Von einer bevorstehenden Währungsreform ist schon öfters gesprochen worden; amtliche Stellen hüllen sich darüber in Schweigen.
Da kommt plötzlich, am 18. Juni, die Nachricht, daß der 20. Juni 1948 der Stichtag für die neue Währung ist.
Die RM (Reichsmark) wird in den Westzonen abgelöst durch die DM (Deutsche Mark).
Dabei gilt: 10 RM = 1 DM.
Kleingeld von 1 Pfg bis 1 RM bleiben einstweilen beim Kurs 10:1 im Umlauf.
Jeder Einwohner erhält am 20. Juni gegen entsprechende RM eine vorläufige Kopfquote von 40 DM. Preise, Löhne und Gehälter bleiben in der gleichen Höhe wie bisher.


In Effeld ist der 20.Juni der Sonntag der Frühkirmes; die unerwartete Abwertung des Geldes hat etwas Wasser in den Wein der Kirmesfreude gemischt und manchen zu unfreiwilligem Sparen gezwungen.


Durch die Währungsreform, so hofft man, ist dem ‘Schwarzen Markt’ der Todesstoß versetzt. Es soll sich wieder lohnen, ehrlicher Arbeit nachzugehen.
Der Fleißige und Sparsame soll wieder zu Geld kommen.


Aber da begeht das kaufende Publikum den Fehler, daß es gleich nach dem Währungsschnitt Sturm läuft auf die bisher entbehrten Artikel.
Die Folge ist: Die Ware wird knapper, die Preise steigen.
Der Wirtschaftsrat in Frankfurt schreitet nicht mit Polizeimaßnahmen gegen die Preistreiberei ein, sondern erhofft eine Normalisierung der Lage von einem selbständigen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage.
Aber einen Monat nach dem 20. Juni ist die Lage wieder ähnlich wie zuvor. Nur langsam zeigt sich eine Besserung durch das größere Warenangebot und den beständigeren Wert des neuen Geldes.


Am 20. August wird eine zweite Kopfquote von 20 DM pro Person ausgezahlt.
Von den Sparguthaben, die zu 50 % im Laufe des Herbstes ausgezahlt werden sollen, werden von den Alliierten 35 % gestrichen.
Die Kaufwut des Publikums nach dem 20. Juni hat gezeigt, daß der Notenumlauf
(6,5 Milliarden DM) zu groß war.
Fleiß, Sparsamkeit und diszipliniertes Kaufen können und werden hoffentlich die Lage retten!


Die Währungsreform wurde von den englischen, amerikanischen und französischen Besatzungsbehörden in ihren Zonen durchgeführt, jedoch nicht von der russischen.
In der Viersektorenstadt Berlin gibt es infolgedessen zwei Währungen: die neue in den drei Westsektoren, die alte im Ostsektor.
Rußland ist beleidigt und sperrt sämtliche Zufahrtswege nach West-Berlin,
so daß die dortige Bevölkerung von der Außenwelt abgeschnitten ist. Die westlichen Alliierten sind gezwungen, durch Einsatz von Transportflugzeugen ihre Sektoren aus der Luft mit Lebensmitteln, Kohle und Gebrauchsgütern zu versorgen. Eine schwere Aufgabe bei einer Bevölkerung von 2,5 Millionen Einwohnern.


Die Währungsreform hat auch die Kirchenkasse in eine schwierige Lage versetzt. Die bisherigen Einnahmen aus Kirchensteuern reichen nicht aus, die laufenden Ausgaben zu decken, geschweige denn die Kriegsschäden an den beiden Gotteshäusern zu beseitigen.
Der Kirchenvorstand ist aber der Meinung, daß eine Erhöhung der Kirchensteuersätze tunlichst vermieden werden sollte; besser sei es, auf dem Wege der freiwilligen Abgaben ein Plus an Einnahmen zu suchen.
Deshalb wird von nun ab monatlich eine Sonderkollekte für unsere Kirchenkasse abgehalten. Die Durchführung zeigt, daß der beschrittene Weg der richtige ist; die Sonderkollekten bringen durchschnittlich 100 DM ein, im Jahre also 1.200 DM, ein Betrag, der durch die Verdopplung der Kirchensteuersätze nicht erzielt worden wäre.


Seit Juni 1947 ist im Pfarrhause eine Flüchtlingsfamilie (Kriegerfrau mit 5 Kindern) untergebracht.
Daß der Aufenthalt von 5 Kindern im Pfarrhause störend wirken mußte, wollte das Wohnungsamt Wassenberg nicht einsehen und weigerte sich, dem Antrag des Kirchenvorstandes stattzugeben, der bereit war, andere Flüchtlinge aufzunehmen, die für ein Pfarrhaus besser geeignet waren.
Eine Eingabe an das Bischöfliche Generalvikariat und dessen Verhandlungen mit dem Regierungspräsidenten führten nach einem vollen Jahr (!) zum Ziele.
Den Flüchtlingen wurde im August eine andere Wohnung in Steinkirchen angewiesen.


Seit 1937 dient ein Parterre-Raum des Pfarrhauses der Unterbringung der Borromäus-Bibliothek,
ein anderer seit 1945 den Proben des Kirchenchores, den Heimabenden der Pfarrjugend, den Sitzungen des Kirchenvorstandes, u.s.w.
Da der Kirchenchor zur Zeit über 50 Mitglieder (Sänger und Sängerinnen) zählt, ist der Proberaum zu klein.
Durch Niederreißung der Zwischenwand wurden die beiden genannten Zimmer zu einem großen Raume vereinigt, der von nun ab als Pfarrheim den kirchlichen Vereinen zu Verfügung steht.


Am 15. August 1248 erfolgte die Grundsteinlegung des Kölner Domes. Die Wiederkehr dieses Tages ist der Anlaß zu einer machtvollen 700-Jahrfeier des Kölner Domes, zu der der Hl. Vater als Legat den Kardinal MICARA entsandte, und 30 Bischöfe des In- und Auslandes erschienen.
Morgens wurden die Reliquienschreine Kölns, darunter der kostbare Schrein der hl. drei Könige, angeführt von 2.000 Fahnen und Bannern, begleitet von den kirchlichen Würdenträgern im Ornat, von zahlreichen Geistlichen und vielen Abordnungen, während 500.000 Menschen Spalier bildeten, in feierlicher Prozession zum Dom gebracht.
Hier wurde im Ostteile des Doms, der schon von den Hauptkriegsschäden geheilt ist, ein feierliches Pontifikalamt durch Kardinal MICARA zelebriert.
Nachmittags fand eine große Kundgebung im Kölner Stadion statt, das bis auf den letzten Platz mit 100.000 Menschen besetzt war. Sie wurde zu einer hinreißenden Demonstration für den Frieden, für die Versöhnung der Völker und die christliche Einheit unserer Kultur.
Für Holland sprach Bischof LEMMENS von Roermond, für England Kardinal GRIFFIN von London, für Frankreich Kardinal SUHARD von Paris, für Österreich Kardinal INNITZER von Wien, für den Hl. Vater Kardinal MICARA.
Alle betonten die Bereitschaft zum Frieden und zur Versöhnung als einen natürlichen Ausfluß unseres gemeinsamen katholischen Glaubens.
Wenn die Staatsmänner der Welt sich in ähnlichem Geiste versammelten und berieten, dann wäre der Völkerfriede bald da.


Eine zweite sehr bedeutende Kundgebung war der Katholikentag in Mainz vom 1. bis 5. September.
Er stand unter dem Leitmotiv ‘Nicht klagen - handeln!’, das aus einer Ansprache des Hl. Vaters stammt.
Vor 100 Jahren fand die erste Katholikenversammlung Deutschlands ebenfalls in Mainz statt.
Ernste Beratungen in 12 Sachausschüssen über die dringendsten religiösen Aufgaben der Gegenwart füllen die ersten Tage aus.
Den feierlichen Abschluß bildet die Massenkundgebung am Sonntag, die morgens mit einem Pontifikalamt beginnt, um 11 Uhr mit einer Jugendkundgebung fortgesetzt wird und nachmittags mit einer öffentlichen Versammlung der 180.000 auf dem Gelände des Katholischen Jugendwerkes zwischen Mainz und Gonsenheim beendet wird.
Höhepunkt dieser Schlußfeier war die durch Radio übertragene Ansprache des Hl. Vaters in deutscher Sprache.
Es komme dem diesjährigen Katholikentag eine besonders weittragende Bedeutung zu, „denn“, so sagte der Papst, „wenn die Zeichen der Zeit nicht trügen, wird auch die Zukunft von euch den Einsatz verlangen für die Freiheit der Kirche, für ihre und der Eltern Rechte auf das Kind, seine Erziehung und seine Schule. In bestimmten Landesteilen mag es sogar ein Kampf auf Leben und Tod werden. Geht mit unbegrenztem Vertrauen an die, wenn auch oft vielleicht unlösbar erscheinenden Aufgaben heran.....Eure Hilfe ist im Namen des Herrn.“
Wenn die Kölner Domfeier mehr internationalen Charakter trug, so war der Mainzer Katholikentag eine nicht minder wichtige deutsche Angelegenheit, die sich zu reichem Segen für die katholische Kirche in unserm Vaterlande auswirken möge!

Ein für das Dekanat Wassenberg erfreuliches Ereignis ist die ehrenvolle Ernennung seines Dechanten, des Hochwürdigen Herrn Geistl. Rat Anton RUPPERTZHOVEN zum nichtresidierenden Domkapitular der Aachener Metropolitankirche.
Die Ernennung erfolgte am 26. August, die feierliche Installierung am 29. September.
Die Rückkehr des neuen Domherren in seine Pfarre Dalheim-Rödgen am Nachmittag des
29. September gestaltete sich - entgegen den Wünschen des Ernannten - spontan zu einem feierlichen Empfang, an dem mehrere geistliche Mitbrüder des Dekanates teilnehmen.
Ad multos annos!

„Die große Stunde des christlichen Gewissens hat geschlagen“, so beginnen die deutschen Bischöfe ihr gemeinsames Hirtenschreiben, das sie vom Grabe des hl. Bonifatius in Fulda am 26. August an die Katholiken ihrer Diözesen richten.
Wie stehen wir zu Christus?
Aus der Beantwortung dieser Frage ergibt sich unsere Stellungnahme zu den religiösen Problemen der Gegenwart, wie z.B. die rechte Ordnung des Menschen zu Gott, zu den Gütern dieser Welt (Währungsreform, Demontage), Neuordnung des Lebens (Lastenausgleich, Entproletarisierung, christliche Politik, Wahlpflicht, konfessionelle Schule).
„Es ist Gott“, so schließt das Hirtenschreiben, „der uns auch durch diese Zeit väterlich führen wird. Wir wollen uns alle Tage freuen an seiner Liebe. Er soll sich alle Tage freuen an unserem guten Willen.“


In den Tagen vom 11.-13. September versammeln sich über 500.000 katholische Jugendliche in Rom, um dort die 80-Jahrfeier der katholischen Jugend Italiens zu begehen; es ist die bisher größte Veranstaltung dieser Art.
Auch deutsche Jugend nimmt daran teil. Höhepunkte der Feier sind der nächtliche Kreuzweg im ‘Kolosseum’, eine nächtliche Feier auf dem ‘Petersplatz’ und eine Ansprache des Papstes.
600 Priester teilen bei der hl. Messe die Kommunion aus. ‘Das ist der Sieg, der die Welt überwindet, unser Glaube’. Zu diesem Schriftwort erklärt der Papst, der erste Sieg müsse über die Gottesleugnung errungen werden., der zweite über den Materialismus, der dritte über die sozialen Mißstände.


Die Härte der Kriegs- und Nachkriegszeit, aber auch die mangelnde Sittenhaftigkeit der Menschen haben viel Eheglück zerrüttet und zerstört.
Ehescheidungen häufen sich, vor allem in den Großstädten, derart, daß die Gerichte außerstande sind, alle Anträge zu beantworten.
Beim Landgericht Berlin wurden von Mai 1945 bis September 1947 nicht weniger als 52.035 Ehescheidungsanträge eingereicht. Beständig liegen mehr als 10.000 unerledigte Verfahren vor.
Ähnlich sind die Verhältnisse in Hamburg.
In weitem Abstande folgen Barmen, Aachen und Münster.
Im Gesamtbereiche von Nordrhein-Westfalen wurden im Jahre 1947
Ehen geschieden.
In Köln sollen zeitweise täglich 12 Ehen geschlossen und 38 gerichtlich getrennt worden sein.
Etwas von diesem bösen Zeitgeist ist auch in unserer Pfarre zu verspüren, wo mehrere Ehescheidungen schon vorliegen oder noch schweben.


Um die im Nachbarkreise Erkelenz gelegene Ortschaft Wegberg
vom steigenden Autoverkehr zu entlasten, wurde in den Jahren vor dem Kriege eine 9 km lange Umgehungsstraße gebaut, die ein geschlossenes Oval bildet.
Man hat herausgefunden, daß diese Umgehungsstraße eine vorzügliche
Auto-Rennbahn bildet, die wegen ihrer ebenen Lage und der weiten Kurven hohe Geschwindigkeiten ermöglicht.
Die Reklame nennt sie ‘die schnellste Rennstrecke Europas’.
Am Sonntag, dem 19. September findet ein erstes großes Rennen statt, das zwar noch schlecht beschickt, aber doch schon Rekordgeschwindigkeiten aufweist.
Aus der nahen und fernen Umgebung strömen ca. 125.000 Zuschauer dorthin.
Der Gottesdienst in den umliegenden Dörfern, auch in Effeld wird aus diesem Grunde auf einen früheren Zeitpunkt vorverlegt.


Aus Dankbarkeit für die von Gott so reich gesegnete diesjährige Ernte findet für die Bauern und das Landvolk der Diözese Aachen ein feierlicher Erntedank-Gottesdienst am 3.Oktober auf dem Gute ‘Buscherhof’ bei Erkelenz statt. Der Bischof von Aachen zelebriert das Pontifikalamt und spricht zu den Anwesenden von den bedeutungsvollen Aufgaben, die dem Bauernstand von Gott anvertraut sind. Er fordert sie auf, die Treue ihrer katholischen Vergangenheit auch für die Zukunft in echt christlicher Haltung, Bauernehre und Bauernwürde zu wahren und sich vom verderblichen materialistischen Zeitgeist freizuhalten.


Die Frauen unseres Bistums werden aufgerufen, im ‘Rosenkranzmonat’ eine
Wallfahrt um den Frieden zu den Gnadenstätten der Gottesmutter zu veranstalten.
In unserem Dekanate pilgern die Frauen am Oktober zum ‘Birgelener Pützchen’, wo Herr Pfarrer BAER von Wassenberg, der kurz zuvor von einer Lourdes-Fahrt heimgekehrt ist, in einer Feierstunde zu den Pilgerinnen spricht. Ca. 1.000 Teilnehmerinnen umstehen das Gnadenkapellchen der ‘Immerwährenden Hilfe’, darunter 90-100 Frauen aus unserer Pfarre.


Am 17. Oktober sind in Nordrhein-Westfalen die Kommunalwahlen.
Der Bischof ermahnt die Katholiken zu gewissenhafter Ausübung ihres Wahlrechts.
„Niemand kann der Wahlurne fernbleiben, ohne sein Gewissen zu belasten. Wahlrecht bedeutet Wahlpflicht, vor allem in Zeiten christlicher Entscheidung.“
Im allgemeinen ergeben die Wahlen dasselbe Bild wie bei den letzten Landtagswahlen
Die SPD hat geringfügige Gewinne, die CDU kleine Verluste zu verzeichnen, die CDU bleibt aber führend.
In Effeld hat die Wahl folgendes Ergebnis:
Wahlberechtigt 613, gewählt haben 396, Wahlbeteiligung 64,6 %, ungültige Stimmen 90, die Unabhängigen (Parteilosen) erhalten 306 Stimmen, gewählt sind 3 Gemeindevertreter.
Das Wahlergebnis lehrt:
Die Hiesigen haben größtenteils nicht den Mut, sich zu einer Partei zu bekennen; sie sind im dritten Reich ‘hereingefallen’ und fürchten das Gleiche bei einer möglichen neuen politischen Umwälzung in Deutschland (Kommunismus).
Die drei Gewählten sind:
Lambert KÜPPERS, Peter CREMER und Heinrich STAAS, sämtlich Arbeiter;
Ortsbürgermeister wird Peter CREMER.

Unter dem 24. Oktober erläßt der Hl. Vater das Rundschreiben ‘In multiplicibus’ an die Bischöfe des Erdkreises mit der Bitte um Gebet für den Frieden in Palästina. Der dort zwischen Arabern und Juden ausgebrochene Krieg bedroht die heiligen Stätten mit Zerstörung.
„Es erscheint uns unglaublich, daß die Christenheit sich leichthin damit abfindet oder nur mit leerem Protest antwortet, wenn die geheiligten Stätten von Bewaffneten mit Feuer und Schwert verwüstet und durch Brandbomben vernichtet werden.“
Der Bischof von Aachen ordnet an, daß die Nachmittagsandacht des 2. Weihnachtstages in der Meinung des Hl. Vaters für die Wiederherstellung des Friedens in Palästina stattfinde.


Am 3. Sonntag im Advent, dem 12. Dezember, hält Herr Dechant RUPPERTZHOVEN von Dalheim-Rödgen, der zugleich Dekanatspräses der Jungfrauenvereine ist, Standesvorträge an die Jungfrauen der Pfarre.
Die Vorträge finden nachmittags 2, 4 und 6 Uhr im Pfarrhause (Pfarrheim) statt.
Bis auf wenige Ausnahmen nehmen alle Jungfrauen von 14-25 Jahren (50 an der Zahl) daran teil.

Zum Abschluß des Jahres mögen hier einige Zahlen aus dem kirchlichen Leben der Pfarre in den letzten Jahren folgen.

  1939 1940 1941 1942 1943
Taufen 28 25 21 16 10
Hl. Kommunionen 19.000 19.000 18.000 19.000 21.000
Erstkommunionen 11 8 10 11 22
kirchl. Trauungen 15 11 9 9 5
Todesfälle 11 14 10 17 15
 
  1944 1945 1946 1947 1948
Taufen 11 6 19 15 16
Hl. Kommunionen nicht gezählt 20.00 17.500 22.000
Erstkommunionen 23 0 25 19 37
kirchl. Trauungen 4 2 6 10 4
Todesfälle 17 17 13 14 11

Vidi in visit. eccles. 22.XI.1949 Ruppertzhoven Dech.

 
     
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