Chronik der Kirchengemeinde Steinkirchen/Effeld  
   
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Antonia STINS,
unsere Lehrerin, wurde am 21. April 1873 von der preußischen Verwaltung nach Heinsberg versetzt, wo sie die Aufgabe übernahm, die Mädchen zu unterrichten.
Daher kam es, daß Gertrud KRICKER, die jüngste Schwester des hiesigen Pfarrers, welche bis zum Tode ihres Vaters Peter Johann KRICKER, Lehrer in Neuwerk, am 2. März 1870 als Lehrerin in Neuwerk gewirkt hatte und seither dem Haushalt des Chronisten - Dechant KRICKER - , ihres Bruders, vorstand, von der Regierung an unsere Schule berufen wurde, als Lehrerin für die Mädchen

Am gleichen Tage - 21. April 1873 - schied auch der Lehrer der hiesigen Knabenschule, Albert SCHMITZ, aus, dem zu seiner Freude die Stelle eines Lehrers in Kleingladbach übertragen wurde.
Wegen des Mangels an examinierten Lehrern übte zunächst der in Karken geborene und auch wohnhafte Wilhelm VON BIRGELEN das Lehreramt ambulant im Wechsel mit Albert SCHMITZ aus; nach ungefähr einem Monat wurde der Letztere abgelöst durch Heinrich SASSEN, der aus Bilk / bei Düsseldorf stammte und von unserem Erzbischof Dr. Paul MELCHERS als Kaplan an unsere Pfarre berufen worden war und dem der Pfarrer kraft seines Amtes als zuständiger Schulinspizient die Unterrichtung unserer Knaben anvertraute.
Der Pfarrer hatte den Erzbischof um Zuweisung eines Kaplans ersucht, weil ihn nach einem langwierigen Rheumaleiden eine Fraktur des rechten Schienbeines in so hohem Maße behinderte, daß er seine seelsorgerischen Aufgaben nicht mehr alleine bewältigen konnte. Aber der barmherzige Gott gab ihm, der sich schon fast dem Grabe nahe wähnte, die Gesundheit wieder, und erhörte somit das inbrünstige, unablässige Gebet der Pfarrangehörigen.
An dieser Stelle möchte ich es nicht unterlassen, auf die väterliche göttliche Vorsehung hinzuweisen, die immerdar gegenwärtig ist und einzig und allein alles ordnet, und die, als der sieche Pfarrer Hilfe benötigte, als Albert SCHMITZ als Lehrer abberufen wurde und als es unserer Regierung an geprüften Lehrern mangelte, das Kommen eines Kaplans ‘vorsah’, dem man die Aufgaben eines Lehrers sowie die Sorge für Haus und Garten anvertrauen konnte.

„Am Morgen des 31. März 1874 wurde gegen 8 Uhr der Hochwürdigste Herr Erzbischof Dr. Paulus MELCHERS durch den Polizei-Präsidenten DEVENS verhaftet. Der Letztere war bereits gegen 7 Uhr im Erzbischöflichen Hause erschienen mit der Erklärung, daß er Befehl habe, den Herrn Erzbischof sofort zu verhaften, falls dieser nicht die Zusage ertheile, sich jederzeit freiwillig zur Haft zu stellen. Dieses Ansinnen wurde auf das entschiedenste zurückgewiesen; der Herr Erzbischof erklärte, daß er demselben weder Folge leisten wolle, noch könne. Der Polizei-Präsident verließ das Palais und kehrte bald mit dem Commissar KLOSE zurück. Es wurde dem Hochwürdigsten Herrn nur so viel Zeit gelassen, daß sein Diener die nothwendigsten Gegenstände in aller Eile einpacken konnte..
Auf die Bitte des Herrn Erzbischofes, ihm wenigstens einen Aufschub von einer Stunde zu bewilligen, erklärte der Polizei-Präsident, nur eine Viertelstunde zugestehen zu können. Inzwischen hatten sich der Herr Weihbischof, das Metropolitanische Domkapitel, die Beamten des General-Vikariates, einige Pfarrgeistliche und eine Anzahl Bürger um den Herrn Erzbischof versammelt, welcher in Gegenwart Aller seine Verwahrung bezüglich des gegen ihn beobachteten Verfahrens wiederholte, besonders betonend, daß ihm nicht einmal genügende Zeit gelassen worden sei, auch nur die nöthigsten Vorbereitungen zu treffen; er werde und könne nur der wirklichen Anwendung von Gewalt weichen. Der Hochwürdigste
Herr blieb bei dieser Erklärung, auch nachdem der DEVENS ausdrücklich ausgesprochen hatte, er erkenne an, daß Seine Erzbischöfliche Gnaden nur der Gewalt weiche. Erst als der Commissar KLOSE ihn am Arme faßte, folgte der Erzbischof mit den Worten: „Deo gratias, es wird Gewalt gebraucht! Finis noster victoria Ecclesiae!“
In diesem Augenblicke warfen sich alle Anwesende, der Herr Weihbischof Dr. Antonius BAUDRI an der Spitze, auf die Knie und empfingen den erzbischöflichen Segen.
Die Umstehenden, deren Zahl inzwischen angewachsen war, drängten sich stürmisch heran, um dem Oberhirten die Hand zu küssen. Seinem Kaplan wurde auf dessen Verlangen, wenigstens für die ersten Stunden bei dem Hochwürdigsten Herrn Erzbischofe
verweilen zu dürfen, bemerkt, daß nur der Oberprokurator dieses gestatten könne. In dem Wagen des Polizei-Präsidenten begleitete dieser sowie der Commissar KLOSE den hohen gefangenen Herrn. Ein außergewöhnliche Aufgebot von Polizeimacht war nicht wahrzunehmen. Das Volk, welches sich, obgleich das Ereigniß ganz unerwartet eingetreten war, vor dem Erzbischöflichen Haus versammelt hatte, empfing den scheidenden Oberhirten mit herzlichen, durch die überwältigende Rührung gedämpften Zurufen. Als der Wagen dahinrollte, stimmte die Menge das Lied an ‘Wir sind im wahren Christenthum’ und folgte bis zu den Pforten des Gefängnisses, wo von neuem geistliche Lieder erklangen, als der wahre Ausdruck der Stimmung des katholischen Volkes.

Herr Erzbischof Paulus ist der dritte in der Reihe der preußischen Bischöfe, welcher in dem weltbewegenden Kampfe unserer Zeit für die Freiheit der Kirche die persönliche Freiheit einsetzt. Möge die Erzdiözese des Beispiels ihres Oberhirten sich würdig erweisen, indem sie eingedenk des alten Ehrennamens ihrer Metropole, der ‘allzeit getreuen Tochter Roms’, in den schweren Tagen der Gegenwart, und der voraussichtlich schwereren, welche die nächste Zukunft bringen wird, fest und unwandelbar zu der Einen, heiligen, römisch-
katholischen Kirche steht.“

Das sind Worte, zitiert aus der Kölner Tageszeitung >KÖLNISCHE VOLKSZEITUNG< vom 31. März 1874, die den mitfühlenden Lesern die Einkerkerung unseres Hochwür-digsten Erzbischof Dr. Paul MELCHERS berichtet. Der Tag der Einkerkerung war der zweite Tag der Karwoche.
O daß uns doch Unser Herr Jesus Christus uns bis zum nahen Osterfest geben möge: sowohl für Unseren Vater die Freiheit als auch den Sieg der Kirche!
Es scheint mir an dieser Stelle angebracht, in Kürze den Lebenslauf unseres Herrn Erzbischofs Dr. Paul MELCHERS wiederzugeben, der auch in der bereits erwähnten Zeitung abgedruckt ist, die ihn wiederum dem >Album deutscher Bischöfe< von Dr. HÜLSKAMP entnommen hat:

„Paulus MELCHERS, Erzbischof von Cöln, des apostolischen Stuhles geborner Legat, wurde als Sohn des unter seinen Mitbürgern durch große Wohlhabenheit, schlichten Biedersinn und tiefe Frömmigkeit hervorragenden Kaufherrn J. Franz MELCHERS aus dessen zweiter Ehe mit M. Anna HOLTERMANN am 6. Januar 1813 zu Münster geboren. Im Herbste des Jahres 1823 trat er in die infima des Paulinischen Gymnasiums, verließ dasselbe 1829, erst 16 Jahre alt, als Abiturient mit dem Prädikate der ‘Auszeichnung’, besuchte im nächsten Winter philosophische Vorlesungen an der Akademie zu Münster und gehörte dann 3 Jahre der Universität Bonn als stud. iuris an Im Frühjahre 1833 trat als AUSKULTATOR (=Gerichtsreferendar) in den praktischen Justizdienst, arbeitete als solcher und später als Referendar 5 Jahre bei den verschiedenen Gerichtshöfen seiner Vaterstadt und genügte zugleich im Jahre 1833/34 als Einjährig Freiwilliger beim Infanterie-Regimente seiner Militair-Pflicht. Nach vieljähriger und reifer Prüfung gelangte er indes immer mehr zur vollen Ueberzeugung seines Berufes zum geistlichen Stande, verließ deshalb im Jahre 1838 den Justizdienst, nachdem er schon Jahre lang sich vorzugsweise mit theologischen Studien beschäftigt hatte, und ging im Jahre 1838 als stud. theol. nach München. Kurz zuvor, am 20. November 1837, war der Kölner Erzbischof Clemens August VON DROSTE gefangen auf die Festung Minden abgeführt.
Mitten in die große, hierdurch hervorgerufene kirchliche Erregung fiel das theologische TRIENNIUM (=Zeitraum von drei Jahren) des künftigen Erzbischofs von Cöln, und die Hauptstadt des Baierlandes, Joseph VON GOERRES und die unter seiner Aegide eben gegründeten ‘Historisch-politischen Blätter’ an der Spitze, waren ein Hauptherd der Bewegung. MELCHERS blieb in München zwei Semester, in welchen er DÖLLINGER’s Zuhörer war. Im Herbste 1839 nach Münster zurückgekehrt, wurde er hier genau 10 Jahre nach seiner ersten Immatrikulation als stud. theol. wieder immatrikuliert, bestand ein Jahr darauf die Schlußprüfung ‘pro introitu in Seminarium episcopale’, wurde nach glücklicher Genesung von einem Nervenfieber in das damals von SCHMÜLLING geleitete Priesterseminar aufgenommen und erhielt am 5. Juni 1841 die heilige Priesterweihe.
Am 14. August 1841 wurde er als Kaplan in Haltern angestellt, wo seit 50 Jahren der ehrwürdige BÜTTNER als Pfarrer wirkte. Hier fungirte er etwas über 3 Jahre, bis er im Herbste 1844, einem längst gehegten Wunsch folgend, nach Rom ‘ad limina Apostolorum’ pilgerte. Schon vor dem Antritte dieser Reise war er von dem greisen Bischofe Caspar Maximilian VON DROSTE zum Subregens des Priesterseminars und Geistlichen Rathe am General-Vikariate ernannt; im nächsten Frühjahre trat er beide Stellen an. Als Regens SCHMÜLLING dann 1851 gestorben war, wurde MELCHERS am 30. April 1851 zu dessen Nachfolger ernannt und ein Jahr später am 17. April 1852 auf die mit der Regentie gewöhnlich verbundene Domkurie investirt.
Wieder ein halbes Jahr später verließ er das Seminar, um an Stelle seines verstorbenen Oheims, des Ehrwürdigen Weihbischofes und Dompropstes Franz Anton MELCHERS, General-Vikar des Bischofes Dr. J. Georg MÜLLER zu werden (31. Dezember 1852). Zwei Jahre darauf am 27. Dezember 1854 ernannte ihn sein Oberhirt auch zum Domdechanten.
MELCHERS hatte beinahe 5 Jahre lang an der Spitze der Verwaltung seiner Heimatdiözese gestanden, als er nach endlicher Beilegung der zwischen dem Apostolischen Stuhle
und der königlich hannoveranischen Regierung in Betreff des Osnabrücker Bischofssitzes lange Jahre obschwebenden Differenzen am 3. August 1857 im Consistorium zu Bologna von PIUS IX. zum Bischofe von Osnabrück präkonisirt und am 19. Februar 1858 auch zum apostolischen Provikar der nordischen Missionen ernannt wurde. Seine feierliche Consekration und Inthronisation erfolgte durch Bischof WEDEKIN(D) von Hildesheim unter Assistenz der Bischöfe von Münster und Paderborn zu Osnabrück am 20. April 1858.
Wir enthalten uns einer Schilderung der eigentlichen Hirtenthätigkeit und beschränken uns auf die Mittheilung der besonders hervortretenden Daten.
Zum Osterfeste 1860 machte der Oberhirt die jedem neu ernannten Bischofe vorgeschriebene Pilgerfahrt zu den Gräbern der Apostelfürsten.
Zum 3. Male reiste er nach Rom zu der großen Canonisationsfeier am Pfingstfeste des Jahres 1862.
Zum 4. Male sah er die ‘Ewige Stadt’ bei Gelegenheit des CENTENARIUMS (=Hundert- jahrfeier) der Apostelfürsten 1867. Endlich weilte er länger als ein halbes Jahr in Rom während des Winters 1869/70 als Mitglied des Vatikanischen Conzils. Im Herbste 1860 hatte er aus freiem Antriebe sich an dem Provinz-Concil in Cöln betheiligt; kaum 6 Jahre darauf sollte er vom letzten Platze auf den ersten gerückt werden: am 8. Januar 1866 wurde er als Nachfolger des
Cardinal VON GEISSEL zum Erzbischof von Cöln präkonisirt und am 8. Mai im Dome zu Cöln inthronisirt.
Hierdurch an die Spitze des deutschen Episkopats gestellt, hat Erzbischof Paulus von Cöln seitdem ununterbrochen in engem Vereine mit seinen Amtsbrüdern den schweren Kampf zur Vertheidigung des Glaubens wie der Rechte der katholischen Kirche und ihrer Freiheiten gegen die Irrgänge der unkirchlichen Wissenschaft wie gegen die Angriffe des kirchenfeindlichen Liberalismus muthig aufgenommen und mit Festigkeit und Würde durchgeführt. Insbesondere hat er die seit 1867 fast alljährlich wiederkehrenden Conferenzen des preußischen und deutschen Episkopates am Grabe des heiligen Bonifacius in Fulda regelmäßig veranlaßt und geleitet.
Im Jahre 1848 war auf der Frankfurter National-Versammlung Paulus MELCHERS der Abgeordnete des Kreises Ahaus.
Im Jahre 1859 wurde er Dr. theol. und erhielt das Ehrenbürgerrecht der Stadt Münster.
Im Jahre 1860 wurde er päpstlicher Hausprälat und Thronassistent, 1861 römischer Patrizier, 1862 Ritter des Hannoverschen ‘Guelphenordens’, 1869 Ritter des preußischen ‘Rothen Adlerordens erster Classe.“

Am 15. April 1874 wurde der Erzbischof der Provinz Posen, Graf LEDOCHOWSKY, der bereits in dieser Chronik (gemeint ist das CHRONIK-ORIGINAL) Erwähnung fand, durch Entscheidung des weltlichen Gerichtshofes für kirchliche Angelegenheiten vom 12. Mai 1873 kraft des Maigesetzes von seinem erzbischöflichen Amt dispensiert. § 24.

Am 19. April 1874 wurden in unserer Pfarrei 15 Kinder (6 Knaben und 9 Mädchen) zur ‘Ersten heiligen Kommunion’ geführt, über deren Frömmigkeit und Sittsamkeit der Pfarrer in höchstem Maße erfreut sein konnte. Es war inzwischen Brauch geworden, daß die ‘Neukommunikanten’ und die Kinder, die im Vorjahr zur Erstkommunion geführt worden waren, sich nach dem nachmittaglichen Opferdienst im Pfarrhause einfanden, mit Kaffee und Gebäck bewirtet wurden und danach betend und singend in einer Prozession durch Steinkirchen und Effeld zogen, nach der Prozession dann in der Pastorat ein bierähnliches Gebräu tranken und mit ihren Geschenken, die auf einem mit Stickereien verzierten Tisch für sie bereit lagen, nach Hause entlassen wurden.
Von einem der also Beschenkten erhielt der Pfarrer eine Wachskerze, die er in der heiligen Messe verwendete.


Unserem Erzbischof,
der am 31. März 1874 eingekerkert worden war, widmete der CHRONIST am 15. April desselben Jahres die folgenden Verse, mit denen er Seiner Eminenz sowohl gebührend Ehrfurcht und Gehorsam, wie auch angemessenes Mitgefühl entgegenbrachte:

Iam tibi est factum, caris suis servis
quod olim bonus fore dixit Pastor,
proximus ipse acerbo vitae fini,
Pater amate!

„Vos synagogis violenti extrudent,
ante crudeles iudices vos sistent,
vobis illatam mortem credent donum
praestitum Deo.“

Paternitatis Vestrae immersum curis
animum plango, neque mihi spes est,
quod ego possim consolari; quare
audi Psalmistam. Ps. 106.

In inaquoso erraverunt patres,
non invenerunt viam civitatis,
fame atque siti defecerunt vires
miseris valde.

Et clamaverunt, quum tribularentur,
ad Deum suum deduxitque errantes
in viam rectam civitatis suae
mutans dolores.

Carceris umbris tenebrisque diris
tecti sedebant metuentes mortem
nec fuit quisquam qui salutem portet,
vincula solvens.

Et clamaverunt, quum tribularentur,
ad Deum suum confregitque vectes
ferreos necnon aereas contrivit
fulgure portas.

Abominata est anima infirmorum
optimum cibum et appropinquaverunt
distenuati diuturno morbo
mortis ad portas.

Et clamaverunt, quum tribularentur,
ad Deum suum et misit verbum potens
sanans aegrotos de necessitate
paene lethali.

In aquis multis operationem
navibus vecti magnam faciebant
ipsi videbant gloriosa maris
opera Die.

Venit procellae spiritus et stellae
disparuerunt; elevati fluctus
omnibus mortem minabantur duram
gurgite vasto.

Et clamaverunt, quum tribularentur,
ad Deum suum; siluerunt fluctus,
rediit aura rediitque vitae
spes desperatis.

Terram florentem posuit desertam
propter peccata hominum incolarum
dextera Die reduxitque flores,
ad cor reversis.

Pauperum sortes tutae requiescunt
in Die manu hostes comtemnentis
et coculcantis hominum cervices
et fortiorum.

Et iam effusa est ira super reges,
fecit errare pauperum tyrannos,
induit eos meritam coronam
despectionis.

Videbunt recti et implebuntur magno
gaudio mentis osque oppilabit
omnis iniustus; palam cognoscetur
bonitas Die.

Macte virtute, vere Jesu serve,
fugiet tempus fugietque aerumna;
re conde amaras cordi Jesu curas;
faciet Ipse! -


Am 20. April 1874 wurde der hochwürdigste Herr R.D. LEXIS, der über viele Jahre in Herkenbusch, einem Ort in der Diözese Roermond, das Amt eines Vikars bekleidet hatte, vom Bischof der Diözese Roermond, PAREDIS, nach Versetzung seines Vorgängers zum Pfarrer in Herkenbusch ernannt und auf das feierlichste eingeführt. Da der CHRONIST ein Freund des ‘Neupfarrers’ ist, wollte er diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne einen Freundschaftsbeweis anzutreten. Daher verfaßte er die folgenden Verse und übermittelte sie am Tage der Einführung:

Quare festivi maximo gaudio
laetantes adstant domui parochi,
quam saepe mihi visitanti
occurrit iubilus alis numquam?
Êcquid tu solus nescis laetitiae
Herkenbuschensis fontem et originem?
Videris nobis advenire et
dissitis procul a nostra terris!
Iam Vobis dicam, unde ego venerim;
audite, quaeso! scitisne parochum
infirmum pagi Steinkirchensis
cuius amicus est vester LEXIS?
Huc nunc accessi ut gratitudinis
huic amico tenues exprimam
pro suo magno amore sensus
quem mihi praestitit visitando.
Vere opportuno tempore, paroche,
advenis, ecce! nostra solemnitas
ad tuum spectat carum LEXIS,
quippe qui parochus datus nobis.
Dicitisn’ verum? oh, magnum gaudium!
Viam aperite! ire me sinite
ut gratitudini coniungam
debitae congratulationem!
Accipe, amice, laetantis animi
et cordis mei signaque votaque:
Det tibi DEUS inter oves
tibi concreditas longam vitam!


Ich will nicht verschweigen, welches Schicksal dem Brief beschieden war, der diese Verse enthielt.
Der Knabe, der den Altardienst versah, wurde von mir beauftragt, die Verse zu übermitteln.
Der ‘Neupfarrer’, der hochwürdigste Herr LEXIS, nahm den Brief an und gab ihn seinen Gästen zu Lesen, wobei der Letztlesende ihn zerreißen wollte, da die Verse nach seiner Einschätzung ohnehin nur von geringem Wert seien. Es handelte sich dabei um einen Priester, der just wegen LEXIS seine Hoffnungen auf die Pfarrerstelle (in Herkenbusch; heutige Schreibweise: HERKENBOSCH) hatte ‘zu Grabe tragen müssen’.

LEXIS hinderte ihn jedoch an seinem Vorhaben und bewahrte so die Verse vor ihrer Vernichtung; er verstaute sie in einer Schachtel, wo sie ‘in die Gesellschaft’ von silbernem Tafelbesteck gerieten.
Und so kam es, daß die Dienstmägde das Silbergeschirr verwendeten ‘UNTER GEISTIGEM BEISTAND’.
Dieses Schicksal meiner dichterischen Ergüsse war mehr ein Grund zum Lachen, als zum Weinen; und letztendlich war der Verfasser GOTT, der es allso gefügt hatte, noch dankbar, weil er es für eine ‘treffliche und originelle Fügung’ erachtet.

Nachfolgend ein erneutes Bubenstück
des preußischen Tyrannen gegen die heilige Kirche:

§ 1.

Einem Geistlichen oder anderem Religionsdiener, welcher durch gerichtliches Urtheil aus seinem Amte entlassen worden ist und hierauf eine Handlung vornimmt, aus welcher hervorgeht, daß er die Fortdauer des ihm entzogenen Amtes beansprucht, kann durch Verfügung der Landespolizei-Behörde der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten versagt oder angewiesen werden.
Besteht die Handlung desselben in der ausdrücklichen Anmaßung des Amtes oder in der thatsächlichen Ausübung desselben, oder handelt er der gegen ihn erlassenen Verfügung der Landespolizeibehörde zuwider, so kann er seiner Staatsangehörigkeit durch Verfügung der Centralbehörde seines Heimathstaates verlustig erklärt und aus dem Bundesgebiete ausgewiesen werden.

§ 2.

Die Vorschriften des § 1 finden auch auf diejenigen Personen Anwendung, welche wegen Vornahme von Amtshandlungen in einem Kirchenamte, das den Vorschriften der Staatsgesetze zuwider ihnen übertragen, oder von ihnen übernommen ist, rechtskräftig zu Strafe verurtheilt worden sind.

§ 3.

In der Verfügung (§§ 1 und 2) sind die Gründe der angeordneten Maßregel anzugeben.

Behauptet der Betroffene, daß er die zur Last gelegten Handlungen nicht begangen habe, oder daß dieselben den im § 1 bezeichneten Thatbestand nicht enthalten, so steht ihm binnen 8 Tagen nach Zustellung der Verfügung die Berufung auf richterliches Gehör offen.
Zuständig ist in denjenigen Bundesstaaten, in welchen ein aus ständigen Mitgliedern zusammengesetzter besonderer Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten besteht, dieser Gerichtshof, in den übrigen Bundesstaaten das höchste Gericht für Strafsachen.

Das Gericht entscheidet, ob der Berufende eine der im § 1 bezeichneten Handlungen begangen hat.
Wird festgestellt, daß keine Handlung vorliegt, auf Grund deren dieses Gesetz die angefochtene Verfügung für zulässig erklärt, so ist die letztere durch die anordnende Behörde aufzuheben.
Die Berufung muß von dem Berufenden in gerichtlich oder notariell beglaubigter Form unterzeichnet und dem zuständigen Gerichte eingereicht werden.

Für das Verfahren kommen die bei dem zuständigen Gericht geltenden Vorschriften zur Anwendung. Erforderliche Abänderungen und Ergänzungen derselben werden bis zur gesetzlichen Regelung durch das Gericht festgestellt.
Die für den Fortgang des Verfahrens gesetzlich vorgeschriebenen Fristen können nach Ermessen des Gerichtes abgekürzt werden.
Die Berufung hält die Vollstreckung der angefochtenen Verfügung nur dann auf, wenn die letztere den Verlust der Staatsangehörigkeit ausgesprochen hat.
In diesem Falle kann dem Berufenden bis zur richterlichen Entscheidung der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten versagt oder angewiesen werden.

§ 4.

Personen, welche nach den Vorschriften dieses Gesetzes ihrer Staatsangehörigkeit verlustig erklärt worden sind, verlieren dieselbe auch in jedem anderen Bundesstaate und können ohne Genehmigung des Bundesrathes in keinem Bundesstaate die Staatsangehörigkeit von neuem erwerben.

§ 5.

Personen, welche wegen Vornahme von Amtshandlungen in einem Kirchenamte, das den Staatsgesetzen zuwider ihnen übertragen, oder von ihnen übernommen worden ist, zur Untersuchung gezogen werden, kann nach Eröffnung der gerichtlichen Untersuchung durch Verfügung der Landespolizeibehörde bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten versagt werden.

Berlin, den 4. Mai 1874 gez. W.


Ich bin überzeugt davon, daß Form und Beschaffenheit jedweder Sache, die zerstört beziehungsweise verändert wird, und das Zerstörte selbst sehr schnell aus dem Gedächtnis der Menschen ausgelöscht werden, andererseits aber der Nachwelt interessant erscheint, zumal wenn die zerstörte Sache nach menschlichen Ermessen erhaltungswürdig war.

Aus diesem Grunde wird auf der folgenden Seite die Veränderung unserer alten Kirche möglichst detailliert geschildert.


ANMERKUNG (von Heribert Cremers):
Da die Seiten 92 und 93 der Originalchronik IRGENDWANN und von IRGENDWEM leider herausgetrennt worden sind, wird nachfolgend der noch erhaltene Teil der Detailschilderung in der Originalfassung (LATEIN) wiedergegeben!!!

Delineatio, quam vides super a.), partis chori i. e. orientalis ecclesiae veteris est;
delineatio, quae posita super b.) partis meridionalis est;
quae super c.) videtur, partem septentrionalem ecclesiae exhibet et
quae super d.) collocata est, partis occidentalis formam prae se fert.
Ne quis obliviscatur, quod quaeque delineatio aspicientes fallit pulchrumque reddit, quo de facto ruinosum et squalidum est, quod e iam evenit in nostra vetere ecclesia. -

GESETZ
über die Verwaltung erledigter katholischer Bistümer.

§ 1.

In einem katholischen Bisthume, dessen Stuhl erledigt ist, dürfen die mit dem bischöflichen Amte verbundenen Rechte und geistlichen Verrichtungen, insgesammt oder einzeln, soweit sie nicht die Güterverwaltung betreffen, bis zur Einsetzung eines staatlich anerkannten Bischofes nur nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Gesetzes ausgeübt werden.

§ 2.

Wer bischöfliche Rechte oder Verrichtungen der im § 1 bezeichneten Art ausüben will, hat dem Oberpräsidenten der Provinz, in welcher sich der erledigte Bischofssitz befindet, hiervon unter Angabe des Umfangs der auszuübenden Rechte schriftliche Mittheilung zu machen, dabei den ihm ertheilten kirchlichen Auftrag darzuthun, sowie den Nachweis zu liefern, daß er die persönlichen Eigenschaften besitzt, von denen das Gesetz vom 11. Mai 1873 die Uebertragung eines geistlichen Amtes abhängig macht. Zugleich hat er zu erklären, daß er bereit sei, sich eidlich zu verpflichten, dem Könige treu und gehorsam zu sein und die Gesetze des Staates zu befolgen.

§ 3.

Innerhalb zehn Tage nach Empfang der Mittheilung kann der Oberpräsident gegen die beanspruchte Ausübung der im § 1 genannten bischöflichen Rechte und Verrichtungen Einspruch erheben.
Auf die Erhebung des Einspruchs finden die Vorschriften des § 16 des Gesetzes vom Mai 1873 mit der Maßgabe Anwendung, daß die Berufung bei dem Gerichtshofe für kirchliche Angelegenheiten nur innerhalb zehn Tage zulässig ist.
Wenn kein Einspruch erhoben oder der Einspruch von dem Gerichtshofe für kirchliche Angelegenheiten verworfen worden ist, erfolgt die im § 2 vorgeschriebene eidliche Verpflichtung vor dem Oberpräsidenten oder einem von demselben ernannten Commissarius.

§ 4.

Wer vor der eidlichen Verpflichtung bischöfliche Rechte oder Verrichtungen der im § 1 bezeichneten Art ausübt, wird mit Gefängniß von 6 Monaten bis zu 2 Jahren bestraft. Dieselbe Strafe trifft den persönlichen Vertreter oder Beauftragten eines Bischofs (Generalvikar, Offizial etc.), welcher nach Erledigung des bischöflichen Stuhles fortfährt, bischöfliche Rechte oder Verrichtungen auszuüben, ohne anderweit in Gemäßheit der §§ 2 und 3 die Befugniß zur Ausübung derselben erlangt zu haben.

Die vorgenommenen Handlungen sind ohne rechtliche Wirkung.

§ 5.

Kirchendiener, welche auf Anordnung oder im Auftrage eines staatlich nicht anerkannten oder in Folge gerichtlichen Erkenntnisses aus seinem Amte entlassenen Bischofs oder einer Person, welche bischöfliche Rechte oder Verrichtungen den Vorschriften dieses Gesetzes zuwider ausübt, oder eines von diesen Personen ernannten Vertreters Amtshandlungen vornehmen, werden mit Geldstrafe bis zu 100 Thalern oder mit Haft oder Gefängniß bis zu einem Jahre, und wenn auf Grund eines solchen Auftrages bischöfliche Rechte oder Verrichtungen ausgeübt sind, mit Gefängniß von 6 Monaten bis zu 2 Jahren bestraft.

§ 6.

Wenn die Stelle eines Bischofs in Folge gerichtlichen Urtheils erledigt worden ist, hat der Oberpräsident das Domkapitel zur sofortigen Wahl eines Bisthumsverwesers (Kapitels-Vikars) aufzufordern.
Erhält der Oberpräsident nicht innerhalb 10 Tage Nachricht von der zu Stande gekommenen Wahl oder erfolgt nicht binnen weiteren 14 Tagen die eidliche Verpflichtung des Gewählten, so ernennt der Minister der geistlichen Angelegenheiten einen Commissarius, welcher das dem bischöflichen Stuhle gehörige und das der Verwaltung desselben oder des jeweiligen Bischofs unterliegende bewegliche und unbewegliche Vermögen in Verwahrung und Verwaltung nimmt. Zwangsmaßregeln, welche erforderlich
werden, um das Vermögen der Verfügung des Commissarius zu unterwerfen, trifft der Oberpräsident.
Derselbe ist befugt, schon vor Ernennung des Commissarius und selbst schon bei Erlaß der Aufforderung an das Domkapitel das im Vorstehenden bezeichnete Vermögen in Verwahrung zu nehmen und die hierzu erforderlichen Maßregeln nöthigenfalls zwangsweise zu treffen.

§ 7.

Die Bestimmungen des § 6 finden gleichfalls Anwendung:
wenn in einem Falle, in welchem die Stelle eines Bischofs in Folge gerichtlichen
Urtheils erledigt ist, der Bisthumsverweser aus seinem Amte ausscheidet, ohne daß die Einsetzung eines neuen staatlich anerkannten Bischofs stattgefunden hat, und wenn in anderen Fällen der Erledigung eines bischöflichen Stuhles bischöfliche Rechte oder Verrichtungen von Personen ausgeübt werden, welche den Erfordernissen der §§ 2 und 3 nicht entsprechen.

§ 8.

Die Bestimmungen des § 6 über die Bestellung eines Commissarius zur Verwaltung des dort bezeichneten Vermögens, sowie über Beschlagnahme diese Vermögens finden ferner in allen Fällen Anwendung, wenn ein erledigter bischöflicher Stuhl nicht innerhalb eines Jahres nach Erledigung mit einem staatlich anerkannten Bischofe wiederbesetzt ist.

Der Minister der gerichtlichen Angelegenheiten ist ermächtigt, die Frist zu verlängern.

§ 9.

Die Verwaltungsbefugnisse des Bischofes gehen auf den Commissarius über.

Die Kosten der Verwaltung werden aus dem Vermögen vorweg entnommen.

Der Commissarius vertritt den bischöflichen Stuhl oder den Bischof als solchen in allen vermögensrechtlichen Beziehungen nach Außen. Er führt die dem Bischof zustehende obere Verwaltung und Aufsicht über das kirchliche Vermögen in dem bischöflichen Sprengel, einschließlich des Pfarr-, Vikarie-, Kaplans- und Stiftungsvermögens, sowie über das zu kirchlichen Zwecken bestimmte Vermögen aller Art.
Der Commissarius wird Dritten gegenüber durch die mit Siegel und Unterschrift versehene Ernennungsurkunde auch in den Fällen legitimirt, in welchen die Gesetze eine Spezial-Vollmacht oder eine gerichtliche, notarielle oder anderweitig beglaubigte Vollmacht erfordern.

§ 10.

Die Verwaltung des Commissarius endigt, sobald ein in Gemäßheit der Vorschriften diese Gesetzes gültig bestellter Bisthumsverweser (Kapitelsvikar) die Bisthumsverwaltung übernimmt, oder sobald die Einsetzung eines staatlich anerkannten Bischofs stattgehabt hat.

Der Commissarius ist für seine Verwaltung nur der vorgesetzten Behörde verantwortlich, und die von ihm zu legende Rechnung unterliegt der Revision der Königlichen Oberrechnungs-Kammer in Gemäßheit der Vorschrift des § 10 des Gesetzes vom März 1872.
Eine anderweite Verantwortung oder Rechnungslegung findet nicht statt.

§ 11.

Der Oberpräsident bringt die nach den Vorschriften dieses Gesetzes erfolgte Bestellung des Bisthumsverwesers , sowie die Ernennung des Commissarius unter Angabe des Tages, an welchem ihre Amtsthätigkeit begonnen hat, ingleichen das Erlöschen der Amtsthätigkeit und den Tag derselben durch den Staatsanzeiger, sowie durch sämmtliche Amts- und Kreisblätter, welche in dem bischöflichen Sprengel erscheinen, zur öffentlichen Kenntniß.

§ 12.

Die Anwendung der §§ 6 bis 11 wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß das Domkapitel für die Dauer der Erledigung des bischöflichen Stuhles einen besonderen Vermögensverwalter (OEKONOMEN) bestellt oder selbst die Verwaltung übernommen hat, oder daß eine besondere bischöfliche Behörde für dieselbe besteht.

§ 13.

Während der Dauer einer komissarischen Verwaltung in den Fällen der §§ 6 und 7 ist derjenige, welchem auf Grund des Patronats oder eines sonstigen Rechtstitels in Betreff eines erledigten geistlichen Amtes das Präsentationsrecht (Nominations-, Vorschlagsrecht) zusteht, befugt, das Amt im Falle der Erledigung wieder zu besetzen und für eine Stellvertretung in demselben zu sorgen.

§ 14.

Macht der Berechtigte von dieser Befugniß Gebrauch, so kommen die Vorschriften des Gesetzes vom 11. Mai 1873 zur Anwendung.
Die im § 22 Absatz 4 daselbst dem geistlichen Obern im Falle gesetzwidriger Amtsübertragung angedrohte Strafe trifft in gleichem Falle den Berechtigten.

§ 15.

Wenn der Berechtigte innerhalb zwei Monate, von der dazu eröffneten rechtlichen Möglichkeit an gerechnet, für eine Stellvertretung nicht sorgt oder innerhalb Jahresfrist die Stelle nicht wieder besetzt, so geht seine Befugniß auf die Pfarr- (Filial-, Kapellen-) gemeinde über.
Die Gemeinde hat die im § 13 bezeichneten Befugnisse in allen Fällen, in welchen ein Präsentations-Berechtigter nicht vorhanden ist.

§ 16.

Liegen die Voraussetzungen des § 15 vor, so beruft der Landrath (Amtmann), in Stadt kreisen der Bürgermeister, auf den Antrag von mindestens zehn großjährigen, im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befindlichen, männlichen Gemeindemitgliedern, welche nicht einem mitwählenden Familienhaupte untergeordnet sind, sämmtliche diesen Erfordernissen entsprechende Mitglieder der Gemeinde zur Beschlußfassung über die Einrichtung der Stellvertretung oder über die Wiederbesetzung der Stelle.
Zur Gültigkeit der Beschlüsse ist erforderlich, daß mehr als die Hälfte der Erschienenen dem Beschlusse zugestimmt hat.
Die näheren Bestimmungen über das Verfahren erläßt der Oberpräsident.

§ 17.

Kommt eine gültige Wahl zu Stande, so ist nach Maßgabe des § 16 ein Repräsentant zu wählen, welcher die Uebertragung des Amtes an den gewählten Geistlichen auszuführen hat.
Für das Verhalten und die Verantwortung des Repräsentanten gelten die Vorschriften des § 14.

§ 18.

Wird in den Fällen der §§ 13 bis 17 vom Oberpräsidenten kein Einspruch erhoben, oder der erhobene Einspruch von dem Gerichtshofe für kirchliche Angelegenheiten verworfen, so gilt der Geistliche als rechtsgültig angestellt.

§ 19.

Wenn vor dem Tage, an welchem dieses Gesetz in Kraft tritt, die Stelle eines Bischofs in Folge gerichtlichen Urtheils erledigt worden ist, so finden die Vorschriften dieses Gesetzes ebenfalls Anwendung.

§ 20.

Wo in diesem Gesetze von einem Bischofe, bischöflichen Stuhle, Amte, Sitze u.s.w. die Rede ist, sind darunter auch ein Erzbischof, Fürstbischof, sowie deren Stühle, Aemter, Sitze, Bisthümer u.s.w. zu verstehen.
Unter den mit dem bischöflichen Amte verbundenen Rechte und geistlichen Verrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind sowohl die in dem bischöflichen Amte als solchem enthaltenen, als auch die auf Delegation beruhenden Rechte und Verrichtungen begriffen.

§ 21.

Der Minister der geistlichen Angelegenheiten ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt.

Gegeben Wiesbaden, den 20. Mai 1874. gez. W.


GESETZ
wegen Deklaration und Ergänzung
des Gesetzes vom 11. Mai 1873.

Artikel 1.

Das Gesetz vom 11. Mai 1873 wird dahin deklarirt, daß die Uebertragung eines geistlichen Amtes, sowie die Genehmigung einer solchen Uebertragung auch dann den Vorschriften der §§ 1 bis 3 des Gesetzes zuwider sind, wenn dieselben ohne die im § 15 daselbst vorgeschriebene Benennung des Kandidaten oder vor dieser Benennung oder vor Ablauf der im § 15 für die Erhebung des Einspruchs gewährten Frist erfolgen.

Artikel 2.

Die Strafe des § 23 des Gesetzes vom 11. Mai 1873 trifft einen jeden Geistlichen, welcher Amtshandlungen vornimmt, ohne den Nachweis führen zu können, daß er zu einem hierzu ermächtigenden Amte oder zur Stellvertretung oder zur Hülfsleistung in einem solchen Amte unter Beobachtung der §§ 1-3 des genannten Gesetzes berufen worden sei.

Artikel 3.

Nach Erledigung eines geistlichen Amtes ist der Oberpräsident befugt, die Beschlagnahme des Vermögens der Stelle zu verfügen, wenn das erledigte Amt den Vorschriften der §§ 1-3 des Gesetzes vom 11. Mai 1873 zuwide
übertragen ist, oder wenn Thatsachen vorliegen, welche die Annahme begründen, daß die Uebertragung des Amtes nicht unter Beobachtung dieser Vorschriften erfolgen werde. Der Beschlagnahme unterliegt das gesammte Vermögen der Stelle, einschließlich aller Nutzungen, Hebungen und Leistungen.
Der Oberpräsident ernennt einen Commissarius, welcher die Beschlagnahme ausführt und bis zur gesetzmäßigen Wiederbesetzung der Stelle, beziehentlich bis zur gesetzmäßigen Einrichtung eines einstweiligen Vertretung das Vermögen für Rechnung der Stelle verwaltet.
Zwangsmaßregeln, welche zur Ausführung der Beschlagnahme erforderlich sind, werden im Verwaltungswege getroffen.
Der Commissarius übt alle vermögensrechtlichen Befugnisse des berechtigten Stellen- inhabers mit voller rechtlicher Wirkung aus.
Die Kosten der Verwaltung werden aus den Einkünften der Stelle entnommen.

Artikel 4.

Wenn nach Erledigung eines geistlichen Amtes ein Geistlicher wegen unbefugter Vornahme von Amtshandlungen in diesem Amte in Gemäßheit des § 23 Absatz 1 des Gesetzes vom 11. Mai 1873 oder des Artikels 2 des Gesetzes rechtskräftig zur Strafe verurtheilt worden ist, so ist derjenige, welchem auf Grund des Patronats oder eines sonstigen Rechtstitels das Präsentations-(Nominations-, Vorschlags-)Recht zusteht, befugt, das Amt wieder zu besetzen und für eine Stellvertretung in demselben zu sorgen.

Artikel 5.

Für eine Stellvertretung in dem erledigten Amte zu sorgen, ist der Berechtigte auch dann befugt, wenn einem Geistlichen nach Maßgabe des § 5 des Reichsgesetzes vom Mai 1874, betreffend die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern, der Aufenthalt in dem Bezirke des erledigten Amtes versagt worden ist.

Artikel 6.

Dem Berechtigten ist von dem Strafurtheil Art. 4 sowie von der Verfügung wegen Beschränkung des Aufenthaltes Art. 5 amtlich Kenntniß zu geben.

In Betreff der vor Verkündigung dieses Gesetzes ergangenen Urtheile und Verfügungen ist jene Mittheilung sofort nach Inkraftreten desselben zu bewirken.

Artikel 7.

Macht der Berechtigte von der ihm zustehenden Befugniß (Artikel 4, 5) Gebrauch, so kommen die Vorschriften des Gesetzes vom 11. Mai 1873 zur Anwendung.
Die im § 22 Abs. 1 daselbst dem geistlichen Obern im Falle gesetzwidriger Amtsüber
tragung angedrohte Strafe trifft in gleichem Falle den Berechtigten.

Artikel 8.

Wenn der Berechtigte innerhalb 2 Monate vom Tage des Empfangs der vorgeschriebenen Mittheilung (Art. 6) für eine Stellvertretung nicht sorgt, oder innerhalb Jahresfrist, von dem nämlichen Zeitpunkte an gerechnet, die Stelle nicht wieder besetzt, so geht seine Befugniß auf die Pfarr-(Filial-,Kapellen- etc.)Gemeinde über.
Die Gemeinde hat die in Art. 4, 5 bezeichneten Befugnisse in allen Fällen, in welchen ein Präsentations-Berechtigter nicht vorhanden ist. Die Vorschriften des Art. 6 finden auf die Gemeinde entsprechende Anwendung. Dieselbe ist insbesondere davon in Kenntniß zu setzen, daß der Präsentations-Berechtigte innerhalb der gesetzlichen Frist von seinem Rechte keinen Gebrauch gemacht hat.

Artikel 9.

Liegen die Voraussetzungen des Art. 8 vor, so beruft der Landrath (Amtmann), in Städten der Bürgermeister, auf den Antrag von mindestens 10 großjährigen, im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befindlichen, männlichen Gemeindemitgliedern, welche nicht einem mitwählenden Familienhaupte untergeordnet sind, sämmtliche diesen Erfordernissen entsprechende Mitglieder der Gemeinde zur Beschlußfassung über die Einrichtung der Stellvertretung oder über die Wiederbesetzung der Stelle.
Zur Gültigkeit der Beschlüsse ist erforderlich, daß mehr als die Hälfte der Erschienenen dem Beschlusse zugestimmt hat.

Die näheren Bestimmungen über das Verfahren erläßt der Oberpräsident.

Artikel 10.

Kommt eine gültige Wahl zu Stande, so ist nach Maßgabe des Art. 9 ein Repräsentant zu wählen, welcher die Uebertragung des Amtes an den gewählten Geistlichen auszuführen hat.
Für das Verhalten und die Verantwortung des Repräsentanten gelten die Vorschriften des Art. 7.

Artikel 11.

Wird in den Fällen der Artikel 4-10 vom Oberpräsidenten kein Einspruch erhoben, oder der erhobene Einspruch von dem Gerichtshofe verworfen, so gilt der Geistliche als rechtsgültig eingestellt.

Wiesbaden, den 21. Mai 1874. gez. W.

Am 1. Juli 1874 wurde der Hochaltar unserer alten Kirche abgebrochen. Gleichfalls wurden das alte Dach und die alten Wände des Chorraumes, die noch das neue Dach und die neuen Wände umschlossen, abgebrochen.

Am 11. August 1874 wurde der neue Hochaltar errichtet, der von in Roermond wohnhaften Künstlern aus Stein und Holz gemeißelt worden war; er kostete 320 Taler.
Bereits am darauffolgenden Tage erfolgte die feierliche Einsegnung der neuen Kirche durch den CHRONISTEN, gemäß einer Verfügung des Kölner Generalvikariats vom April 1874, wobei die hochwürdigsten Herren SCHRAMMEN (designierter Pfarrer von Birgelen, der auch die Predigt hielt), GOEBBELS (Pfarrer von Rurkempen), ESSER (Pfarrer von Ophoven), DAHMEN (Pfarrer von Laffeld), JOEBGES (Vikar in Birgelen) und SASSEN (unser Kaplan) im Beisein vieler Pfarrangehörigen assistierten.

Der Hochaltar war finanziert worden durch Almosen, die unser Kaplan SASSEN in der Diözese Roermond sowie von Bürgern aus Köln bekommen hatte, sowie durch eine Spende - in Höhe von 100 Talern - einer älteren, aus Aachen stammenden Dame und eine weitere Spende in Höhe von 60 Talern, die von dem Vorsteher unserer Kirchenschweizer, Johann THYSSEN (der vom 6.11.1810-1.12.1893 lebte), und dessen Bruder Leonard THYSSEN ( der vom 6.5.1813-26.2.1886 lebte) kam.

Am 14. September 1874, dem Fest ‘Kreuzerhöhung’, wurde auch eine neue Kommunionbank, die der Roermonder Bildhauer und Steinmetz GEELEN zum Preise von 240 Talern angefertigt hatte, aufgestellt.

Die Obrigkeit unserer heiligen katholischen Kirche hatte bisher von ihren Pfarrern verlangt, die ortsüblichen Prozessionen aufzulisten, da sie nur solche gestattet.
Aus diesem Grunde habe ich für unsere Pfarrei die folgenden Prozessionen angemeldet:

eine theophorische Prozession (=kirchlicher Umzug mit dem Allerheiligsten) durch Steinkirchen am Sonntag nach dem 19. März (Fest des hl. Josef);
eine theophorische Prozession durch Steinkirchen am Sonntag nach Fronleichnam; eine Prozession durch Steinkirchen und Effeld am Fronleichnamstage; eine Prozession durch die Felder am Fest des hl. Markus; Prozessionen durch die Felder an den BITTAGEN (=drei Tage vor ‘Christi Himmelfahrt’); eine Prozession nach Ophoven am Fest ‘Maria Himmelfahrt’; eine Prozession - ohne Priesterbegleitung - nach Kevelaer und Roermond im Monat
Oktober aus Anlaß des Festes ‘Mariä Geburt’;
eine Prozession (mit oder ohne Priester) nach Vorst in der Oktav des Festes des hl. Godehard; schließlich eine Prozession zu der Kirche, in der unser Erzbischof das Sakrament der Firmung
in unserem Dekanat spendet.

Nach wenigen Wochen wurde der Bescheid erteilt, daß alle angemeldeten Prozessionen genehmigt würden, auch die Prozession zu der Kirche, in der das Sakrament der Firmung gespendet wird.
Ich bin gespannt, was passiert, wenn wir Prozessionen dieser Art durchführen.
Die deutsche Regierung hat es nämlich so weit gebracht, daß in fast allen Angelegenheiten die Bürger nicht wissen, was erlaubt und was nicht erlaubt ist, und die Untertanen sind der Willkür der weltlichen Obrigkeit hilflos ausgeliefert.

Aus anderen Pfarreien vernehme ich, der Einzug unseres Erzbischofs gelegentlich der Spendung des Sakramentes der Firmung sei fast triumphal gewesen, obgleich den zusammenströmenden Gläubigen Strafe angedroht war.
Hingegen höre ich wiederum von anderen Pfarreien, daß alle, die den Bischof in Prozessionsform empfangen hätten, Unannehmlichkeiten gehabt hätten.

Im Laufe des Jahres 1874 sind in unserer Kirche zusammengehörige Seitenaltäre aufgestellt worden, von denen der an der Nordseite stehende, mit einem Bildnis der heiligen Katharina versehene ein Geschenk der verstorbenen Johanna Ludowika VAN DER RENNE ist, während der an der Südseite stehende eine Stiftung von Maria Gräfin SCHAESBERG, der Gemahlin des Freiherrn Werner VON LEYKAM, und des hoch- würdigen Herrn LAMMERTZ, seines Zeichens Kanonikus e.h. der Metropolitankirche sowie Dechant und Pfarrer an ‘St. Johann und Peter’ zu Bonn, ist, die sich beide auch, wie bereits berichtet, zu gleichen Anteilen bei der Bezahlung der Kommunionbank als Wohltäter unserer Pfarrei erwiesen haben. Fast um die gleiche Zeit, in der die Bilder der ‘Unbefleckten Empfängnis der seligen Jungfrau Maria’, des ‘Hl. Joseph’ und des ‘Hl. Bischofs Martin’ gemalt wurden, wurde im Chor durch den Kölner Künstler Gerhard BUSCHMANN, Bruder des Aachener Kanonikers Dr. Joseph BUSCHMANN, ein Fenster gefertigt und eingesetzt, zu dessen Bezahlung der unmittelbare Nachbar unserer Kirche, Joseph WINDELEN ( der vom
18.3.1808-22.03.1894 lebte), ganz erheblich beigetragen hat. Das Fenster kostete 450 Taler.

Bislang wurden die Kirchenangelegenheiten von einem Kirchenrat wahrgenommen, der sich, wie schon erwähnt, aus fünf Pfarrangehörigen, dem Pfarrer sowie dem Vorsteher der Zivilgemeinde zusammensetzte, mit der entsprechenden Autorität und Beglaubigung, auch im Namen unseres Erzbischofs, wie es das >NAPOLEONISCHE DEKRET< vorschreibt.
Am 20. April 1875 wurde nunmehr in Berlin ein Gesetz beschlossen, das die kirchliche Autorität beschneidet und der bisherigen Regelung kirchlicher Angelegenheiten in erheblichem Umfang ‘Zügel anlegt’.
Es wäre zu zeitaufwendig, die Details dieses Gesetzes ausführlich darzulegen (dabei könnte man das Wort ‘GESETZ’ guten Gewissens durch ‘GEWALTTÄTIGKEIT’ ersetzen).
Es reicht aus kund zu tun, daß es darauf hinausläuft, daß Laien die kirchlichen Angelegen heiten bestimmen sollen, was bisher nur der Autorität unseres Erzbischofs vorbehalten war.
Es ist schon merkwürdig, daß erbitterte Feinde der ‘heiligen Kirche’ einem Pfarrer Sitz und Stimme unter ausgewählten Laien ‘verleihen’ dürfen, die nach aktueller Lage der Dinge weder Recht noch Humanität respektieren.

Am 25. August 1875 kam der hochwürdigste Kölner Weihbischof Johann Anton Friedrich BAUDRI in unsere Pfarrei, um den Pfarrangehörigen von Karken, Rurkempen, Ophoven und unserer Heimatgemeinde das hl. Sakrament der Firmung zu spenden.
Die Zahl unserer Firmlinge betrug 107, die der aus Ophoven kommenden 45.

Am 6. April 1875 verschied im Herrn - versehen mit den Sterbesakramenten - der hochwürdigste Herr Johann Norbert ESSER, Pfarrer zu Ophoven. Nunmehr kommt das Gesetz - um nicht zu sagen ‘die Gewalttätigkeit’ - vom 11. Mai 1873 zum Tragen, wonach es nicht zulässig ist, daß unser Erzbischof den Nachfolger eines Pfarrers bestimmt.
Weil also infolge dieses Sterbefalles die Pfarre Ophoven verwaist war, führte der CHRONIST die Kinder aus Ophoven gemeinsam mit denen aus unserer Pfarrei in unserer Kirche zur ‘Ersten heiligen Kommunion’.
Aus demselben Grunde bereitete er auch die Firmlinge aus Ophoven - gemeinsam mit den hiesigen - auf die anstehende Firmung vor und führte die allso Vorbereiteten zur Firmung.
Der hochwürdigste Herr Weihbischof traf am 24. August 1875 gegen sechs Uhr nach- mittags - aus Roermond kommend - in Effeld ein. Er hatte zuvor den Roermonder Bischof PAREDIS, mit dem er freundschaftlich verbunden ist, besucht, nachdem er im Dekanat Heinsberg die Firmung und Pfarrvisitation vorgenommen hatte.
Festschmuck ist noch erlaubt, jedoch die althergebrachten Prozessionen derer, die den Bischof sehen möchten, sind von der Regierung untersagt. Demzufolge waren alle Häuser und Straßen in Effeld und Steinkirchen überreich mit Fahnen, Triumphbögen, aus Palmzweigen geflochtenen Kränzen und mit Girlanden geschmückt.
‘Waffentragende’ Mitglieder der St. Martini-Schützenbruderschaft - man führte auch Musikinstrumente mit - holten den hohen Herrn an der holländischen Grenze ab und geleiteten ihn - wobei eine Reitereskorte vorantrabte - durch Effeld und Steinkirchen, wo ihn der CHRONIST - gemeinsam mit unserem Kaplan und Kaplan JOEBGES aus Birgelen - empfing.
Der Bischof schritt unter einem Baldachin einher, dabei das Kreuz anbetend und verehrend, und ging dann - mit Sängern des Kirchenchores das ‘Magnificat’ singend - zunächst um den Pfarrgarten herum zur Kirche und nach einer Ansprache und Erteilung des bischöflichen Segens ins Pfarrhaus.
Nachdem er gespeist hatte, boten die Sänger des Kirchenchores unter Leitung von Küster Bartholomäus JENNISSEN verschiedene Gesangvorträge dar und wurden dafür vom Bischof mit Dankesworten reich entschädigt.
Am folgenden Tag um 7 ½ Uhr in der Frühe wurde ein Hochamt gefeiert, und nachdem er den Firmlingen aus Steinkirchen, Ophoven, Rurkempen und Karken die ‘hl. Firmung’ gespendet hatte, kam es noch zu einer religiösen Unterweisung der Schulkinder. Nach Einnahme des Frühstücks fuhr der hohe Geistliche gemeinsam mit dem Dechant (d.h. dem CHRONISTEN) über Ophoven, Elsum (wo der seinerzeit erkrankte Vorsteher der Zivilgemeinde, Freiherr VON LEYKAM, wohnt), Birgelen und Orsbeck nach Wassenberg, wo er die Nacht verbrachte.
Am darauffolgenden Tag feierte er dort ein Hochamt und spendete den Firmlingen aus Wassenberg, Birgelen, Orsbeck, Wildenrath und Arsbeck die ‘hl. Firmung’.
Am Nachmittag desselben Tages besuchte er gemeinsam mit dem Dechant die Pfarreien Wildenrath und Arsbeck und fuhr alsdann weiter nach Ratheim, wo er übernachtete.
Am folgenden Tag feierte er dort ein Hochamt und spendete den Firmlingen aus Ratheim, Hilfarth und Myhl die ‘hl. Firmung’.
Nach einem Frühstück in HAUS HALL bei Baron SPIES VON BÜLLESHEIM fuhr er gemeinsam mit dem Dechant nach Hilfarth und Myhl und anschließend wieder nach Steinkirchen.
Am folgenden Tag - nach der 10-Uhr-Messe - fand ein Konveniat mit allen Pfarrern und Kaplänen unseres Dekanats statt, an das sich ein gemeinsames Essen anschloß.
Nach dem Gastmahl fuhr er in Begleitung des Dechanten und zweier anderer Priester nach Erkelenz zu Pfarrer BELL, in dessen Pfarrhaus er die Nacht verbrachte.
Am folgenden Tag kehrte er nach Köln zurück.

Es ist für den CHRONISTEN verständlicherweise angenehm, wiedergeben zu können, welche Herzensfreude der hohe und hochwürdigste Herr Weihbischof empfunden hat, als er die Pfarreien unseres Dekanates besuchte, und die er auch gegenüber dem Dechanten mit liebenswürdigen und bewegenden Worten zum Ausdruck brachte.
Diese angenehme Erinnerung wird dem diese Zeilen zu Papier bringenden Dechant ewig motivierend eine Unterstützung sein.

Diesbezüglich möchte ich jedoch auch nicht verschweigen, daß die Regierung zu alldem, was sich in unserem Dekanat abgespielt hat, auch hinsichtlich des denkwürdigen Bischofempfangs, ‘strengstes Stillschweigen’ bewahrt hat.

Nachdem unser Kaplan Heinrich SASSEN vom 15. Mai 1873 bis zu den Herbstferien desselben Jahres unsere Schulknaben unterrichtet hatte, teilte er mir - ernstlich erkrankt - mit, ihm fehlten die Kräfte, die Knaben weiterhin zu unterrichten..
Aus diesem Anlaß bin ich an Johann COHNEN aus Orsbeck herangetreten mit der Bitte, bei uns das Amt eines Schulmeisters zu übernehmen, und habe ihm den Vormittagsunter- richt bei unseren Schulknaben übertragen, während der Kaplan den Nachmittagsunterricht weiter erteilte. Weil aber nun im verflossenen Jahr Johann COHNEN ein Schulleiteramt in Elberfeld angenommen hat, übernahm nunmehr der aus Ophoven stammende Peter OPHETFELD
statt seiner die Schulmeisteraufgaben an unserer Schule und übte das damit verbundene Amt bis Ostern 1875 aus. Ab diesem Zeitpunkt besuchte er das Lehrerseminar in Kempen / bei Krefeld.
Ihm folgte an unserer Schule Leo(n)hard GANSWEIDT nach, der aber ebenfalls das Lehreramt anstrebte.
Sowohl Peter OPHETFELD als auch Leon(h)ard GANSWEIDT unterrichteten unsere Schulknaben ganztägig, was mir wichtig und auch erforderlich erschien, zumal sich unser Kaplan, dem der Schuldienst nicht allzu am Herzen gelegen hatte, gänzlich aus diesem zurückzog.
Nach erfolgreich bestandener Prüfung wurde GANSWEIDT im Herbst 1875 in das Lehrerseminar in Boppard aufgenommen.
Von diesem Zeitpunkt an regelte die Regierung auf einen entsprechenden Antrag meinerseits den hiesigen Schulbetrieb hinsichtlich der Knaben und Mädchen dergestalt, daß sie die Unterrichtung der älteren Knaben und Mädchen der Lehrerin Gertrud KRICKER, meiner Schwester, übertrug, während die jüngeren Knaben und Mädchen von dem aus Effeld stammenden, das Amt eines Magisters anstrebenden Wilhelm DECKERS (er lebte vom 14.5.1859-15.11.1880) unterrichtet wurden.
Diese Regelung war zwischen mir und dem neuen Schulinspektor Dr. KELLER, der von der Regierung - sehr zum Leidwesen der Kirche - an meiner Stelle diese Funktion übertragen bekommen hatte, abgesprochen. Der Mann war zwar nominell Katholik, in Wirklichkeit aber ein Gegner der Kirche und sehr regierungsfreundlich, so daß man ihn guten Gewissens einen ‘Kulturkämpfer’ nennen durfte, der selbst eine Nichtkatholikin geheiratet hatte und von dessen Schulauffassung uns Gott möglichst rasch befreien sollte; das jedenfalls ist die Meinung und der sehnliche Wunsch aller Gutgesinnten.

Am 1. Dezember 1875 wurden offiziell die Einwohner des Königreichs Preußen und Deutschlands gezählt. Laut dieser Zählung hatten Steinkirchen und Effeld zusammen insgesamt 763 Einwohner. Die Zahl unserer Schulkinder betrug 126.

Die Zahl der im Jahre 1875 ausgeteilten HOSTIEN betrug etwa 4000.

Joseph WINDELEN, ein Junggeselle, der in unmittelbarer Nachbarschaft des Friedhofs (an dessen Südseite) wohnt, stiftete aus eigenem Antrieb das Geld für die Beschaffung von KREUZWEGSTATIONEN für unsere Kirche.
Bei meinen diesbezüglichen Ermittlungen erschienen die von FÜHRIG gestalteten Stationen bei weitem am passendsten. Aus diesem Grunde erwarb ich auch diese Ausführung bei Hermann MANZ in München-Gladbach zum Preise von 420 Mark.

Der Schnitzer Toussaint GOERTZ aus Waldfeucht, der 1875 auch den neuen Beichtstuhl für 120 Taler angefertigt hatte, fertigte auch die Kreuze und die damit zusammenhängen- den Holzschnitzereien zum Preise von 242 Mark an.
In der Weihnachtsvigil 1875 (=Tag vor Weihnachten; Heiligabend) wurden zur großen Freude aller Pfarrangehörigen die Kreuzwegstationen an den Kirchenwänden angebracht.
Mit Genehmigung unseres Ordinariats weihte der CHRONIST den Kreuzweg ein und erteilte seinen demütig dabeistehenden Freunden, nämlich Maximin NOETHEN (Pfarrer zu Kleinenbroich), Heinrich MENGDEN (Rektor in München-Gladbach) und unserem Vikar Heinrich SASSEN, einen Ablaß, nachdem NOETHEN eine Predigt gehalten hatte über die ‘Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Gottes’ angesichts unserer Sünden, und nachdem MENGDEN in einer längeren Ansprache dargetan hatte, wie sich die Menschen durch den ‘Tod unseres Herrn Jesus Christus’ Gott entgegengestellt hätten. ‘Auf welche Weise und wie sehr Christgläubige ihren Kreuzweg gehen’ erklärte er am 25. Februar 1876, dem Fest des ‘hl. Apostels Matthias’.

Es erging ein Verbot der Regierung, ab 1. April 1875 den Priestern ein Gehalt zu zahlen.
Auf Grund dieser Maßnahme verlor der CHRONIST jährlich 207 Taler, was zu bedeuten hat, daß er ungefähr 30 Taler weniger erhielt, als zu der Zeit, wo er noch Vikar im Kölner Waisenhaus war.
Schon recht bald begann die ‘Kölner Gesellschaft’, deren Vorstand der erzbischöfliche Kanzler SCHENK ist, von den Christgläubigen Spenden einzuholen, auf Grund deren sich die Pfarrer einigermaßen ‘über Wasser halten konnten’.
Aber im Vergleich zu den einbehaltenen Bezügen sämtlicher Pfarrer, deren Summe sich auf etwa 23.000 Taler beläuft, sind das nur Almosen.

Mit Bedauern konstatiere ich hiermit, daß der Erzbischof sich jetzt ‘in der Fremde’ aufhält, und zwar an einem unbekannten Ort in Belgien oder Holland, um nicht gemäß Weisung unserer Regierung eingekerkert zu werden.
Er ist bereits Ende 1875 untergetaucht, und ist es auch noch heute, am 7. März 1876, an dem ich diese Zeilen zu Papier bringe. Nur Gott weiß, wann er zurückkehren wird.

In den Monaten Februar und März 1876 ist die Rur derart über die Ufer getreten, wie es seit Menschengedenken nicht der Fall gewesen ist. Grund dafür war, daß es 4 ½ Wochen ununterbrochen geregnet hat, und zwar nicht nur hier, sondern in ganz Deutschland. Landesweit führten alle Ströme und Flüsse Hochwasser, so daß es überall zu Überschwemmungen kam. Der dadurch angerichtete Schaden kann gar nicht abgeschätzt werden.
Am 1. März 1876 wurden weite Teile Nord- und Osteuropas durch einen Orkan schwer verwüstet. Dieser wütete mit geradezu erschreckender Heftigkeit. Bäume wurden entwur zelt und stürzten mit großem Getöse nieder. Dachziegel wurden durch die Luft gewirbelt.
Um unsere Kirche heulte der Wind so sehr, daß das im Chorraum stehende Kreuz erbebte und hin und her geschüttelt wurde. Der Sturm kam aus südöstlicher Richtung.
Gott sei gedankt, daß wir allein mit dem Schrecken davongekommen sind.

Auf Veranlassung meines Vorgängers, Hochwürden HACK, erfuhr unser Pfarrgarten eine gestalterische Veränderung. Der östlich gelegene Teil, bei dem es sich um einen bisher unbebauten Maueranger handelt, wurde mit Bäumen bepflanzt. Allerdings verhinderte die schattige Lage, daß diese richtig gedeihen und Früchte tragen konnten; ja nicht einmal Samenkörner für das folgende Jahr warfen sie ab.
Aus diesem Grunde habe ich im Jahre 1876 den Maueranger noch einmal überarbeitet, sodann neue Bäume gepflanzt und die alten zersägt.
Auch der Gartenzaun bedurfte an vielen Stellen einer Ausbesserung. Es wurde deshalb eine Faulbaumumzäunung angepflanzt, mit der die alte Hecke überdeckt und zum Absterben ‘gezwungen’ wurde. Zunächst wurde der nach Osten hin gelegene Teil der Umzäunung auf diese Weise erneuert.
‘So Gott will’ wird im kommenden Jahr der restliche Teil der Umzäunung in gleicher Weise restauriert.
‘So Gott will’ habe ich gesagt, weil noch ungewiß ist, ob nicht auch der Pfarrer sich im nächsten Jahr auf der Flucht befindet - wie sein Bischof.
Der Druck, den die Regierung auf ‘die heilige Mutter Kirche’ ausübt, läßt solches befürchten.

Das bereits auf Seite 23 (gemeint ist die handgeschriebene Originalchronik) Kruzifix, welches auf Grund seines Alters ziemlich ‘aus den Fugen geraten’ war, wurde auf Kosten unseres Ortsvorstehers Heinrich DAENSKENS (er lebte von 1823-9.6.1902) in Heinsberg sehr schön restauriert. Ihm wurde sogar ein neues Kreuz ‘beigesellt’. Letzteres wurde am 8. September 1876 (Fest ‘Mariä Geburt’)
in unserer Sakristei aufgehängt und wird wohl für immer sowohl Zierde unseres Gotteshauses, als auch Symbol unseres Glaubens und Zeichen der Demut der Gläubigen sein, die sich zu Füßen des Kreuzes werfen, um Jesus (in dieser Nachbildung) zu verehren und anzubeten.

Vor drei Jahren hat Freiherr VON LEYKAM einen Schlaganfall erlitten und kann seither nicht mehr sprechen. Er, der ungefähr 20 Jahre Leiter unserer Zivilgemeinde gewesen ist, war auf Grund dieser Erkrankung zum Rücktritt genötigt.
Die Regierung nahm sein Rücktrittsgesuch an und setzte am 10. Juli 1877 gegen das Votum der Gemeinderatsmitglieder, die den vorstehend erwähnten Heinrich DAENSKENS vorgeschlagen hatten, den Wassenberger Ortsvorsteher TERSTAPPEN als Bürgermeister ein. TERSTAPPEN aber war ein Mann, der von guten Sitten nicht allzu viel hielt, dafür aber der Regierung sehr ergeben und vom ‘LIBERALISMUS’ stark infiziert war.
Zum Beweise dessen merke ich an, daß er den verstorbenen Pfarrer ESSER von Ophoven in Pastoralangelegenheiten hinsichtlich der Pfarre Ophoven, für die TERSTAPPEN kraft Regierungsauftrags auch zuständig war, regelmäßig zu beeinflussen suchte.
Nur wenige Tage später wurde auch ein neuer Landrat eingesetzt namens LOEWE, nachdem die Regierung den hervorragenden Amtsträger JANSSEN - wegen seines guten Verhältnisses zur katholischen Kirche - aus dem Amt entfernt hatte. LOEWE aber war nicht katholisch, ein Berliner und der Regierung sehr hörig.

Aus all dieses Geschehnissen geht eindeutig hervor, daß der Sturm, der nahezu überall gegen die Kirche wütete, sich nunmehr auch ‘unseren Gefilden’ nähert.

Im Januar 1877 schenkte Anna Katharina RADEMACHER (1.1.1843-29.11.1889), die Gemahlin von Peter LÜTTERS (12.6.1842-21.11.1904), unserer Kirche einen runden Kronleuchter, der 210 Mark gekostet hatte.

Vier Tage vor dem Fest der ‘hl. Apostel Petrus und Paulus’, am 25. Juni 1877, erhielt unsere Sakristei einen neuen Estrich aus Steinen, die in Sinzig gebrannt wurden, zum Preise von 170 Mark.

Wilhelm DECKERS wurde um Ostern 1876 nach bestandener Prüfung in das Lehrerseminar in Linnich aufgenommen.
Sein Nachfolger in der Unterrichtung der ‘Unterklasse’ unserer Schule wurde vorläufig der aus Effeld stammende Heinrich DERICHS (14.4.1854-10.4.1933).
Als auch dieser zu Ostern 1877 in dasselbe Seminar aufgenommen wurde, konnte Reiner WEUTHEN aus Arsbeck als Nachfolger verpflichtet werden.

Am 24. Juni 1877, dem Fest ‘Johannes der Täufer’, ereignete sich vormittags zwölf Minuten vor neun Uhr ein mehrere Sekunden anhaltendes Erdbeben, dessen Wellen von Südwesten nach Norden verliefen.

Am 25. Juni 1877 erfolgte die Grundsteinlegung der neuen Kirche in Myhl durch den dortigen Pfarrer Martin Joseph AKENS, dem bei dieser feierlichen Handlung der CHRONIST als zuständiger Dechant zur Seite stand. Der Grundstein wurde zwei Steine hoch über dem Estrich in der Wand des Chorraumes hinter dem Altar plaziert.
Am 11. Dezember 1877 konnte die Kirche durch den Ortspfarrer benediziert werden.

Graf MIRBACH (vgl. S. 55 der ORIGINALCHRONIK= S. 36 der ÜBERTRAGUNG) spendete abermals 500 Mark, mit denen wir die Restschulden aus dem Kirchenneubau tilgen konnten.

Am 13. September 1876 hatte die aus Viersen stammende Margarete RITZ uns testamentarisch 600 Mark vermacht, deren Jahreszinsen wir dazu verwendeten, anläßlich des Festes der ‘Geburt unseres Herrn Jesus Christus’ Brot zu kaufen und dies unter die Armen unserer Pfarrgemeinde zu verteilen.
Die erste Verteilungsaktion erfolgte im Jahre 1877 aus den Zinsen, die ab dem 1. Mai dieses Jahres aufgelaufen waren und deren Zinssatz 4% betrug.

Am 7. Oktober 1877 wurde in unserer Pfarrgemeinde eine ‘apostolische Predigt’ gehalten.

Am 9. Oktober 1877 habe ich die fünf Häuser der ‘Schley’ (in Effeld), die von der ‘Kreuzstraße’ her gesehen an der linken Straßenseite liegen, eingesegnet.

Am 7. Februar 1878 verstarb Seine Heiligkeit Papst PIUS IX. im Alter von nahezu 86 Jahren.
Um vier Uhr früh an diesem hatte sich der Krankheitszustand derart verschlimmert, daß mit dem Tode gerechnet werden mußte.
Um fünf Uhr empfing er die ‘heilige Wegzehrung’ und um acht Uhr die ‘letzte Ölung’.
Gegen vier Uhr nachmittags atmete er nur noch stoßweise und um 5 Uhr 47 entschlief er friedlich im Beisein der Kardinäle und anderer prominenter Kirchenmänner.
In allen Kirchen der Erzdiözese wurden feierliche EXEQUIEN abgehalten, nachdem in der Vigil für den Verstorbenen das Glockengeläut verstummt war.
In unserer Kirche wurde das ‘Totengedenken’ am 18. Februar von fünf bis sechs Uhr nachmittags unter Läuten der Glocken gehalten. Am 19. um sechs bis sieben Uhr in der Frühe läuteten die Sterbeglocken (im Originaltext heißt es: wurden ‘die kampanischen Geräusche erzeugt’) und um neun Uhr wurden die EXEQUIEN gefeiert, wobei der CHRONIST angemessen predigte.
Alle Pfarrer hielten die Christgläubigen dazu an, die ‘Gnade des Heiligen Geistes’ zu erflehen für die Wahl des Nachfolgers ‘des Heiligen Vaters PIUS IX.’. Das jedenfalls war der Tenor (=das Anliegen) aller Sonntagspredigten.
Die Priester waren verpflichtet, in jeder ‘heiligen Messe’ des Verstorbenen zu gedenken und bis zur erfolgten Nachfolgerwahl den ‘Fürbitten’ eine besondere Fürbitte für die Wahl des ‘Höchsten Bischofs’ anzufügen.
Bei der TOTENWACHE und den EXEQUIEN für den verstorbenen Papst PIUS IX. war der ‘ehrwürdige Herr’ SASSEN nicht anwesend.
Es werden uns im Zusammenhang mit dem Ableben des Papstes die ‘Prophezeiungen des heiligen MALACHIAS’ (Erzbischof von Armagh / Irland im 12. Jahrhundert) über die künftigen Päpste wieder ins Gedächtnis gerufen, die mit Papst COELESTIN II. beginnen.
Die Päpste werden mit wenigen Worten charakterisiert, von denen sich einige in auffälliger Weise bewahrheitet haben.
So wurde von PIUS VI. gesagt, er werde ‘apostolischer Pilger’ genannt werden, und sowohl Geschichte als auch Poesie waren sich darin einig, ihm diesen Namen in der Tat zuzuerkennen.
PIUS VII. wurde als ‘glorreiches Opfer des raubenden Adlers’ bezeichnet, und ein jeder weiß zur Genüge, was dieser Papst alles mit NAPOLEON I. auszufechten hatte.
LEO XII. wird ‘canis et coluber’ genannt, was mit ‘treuer Wächter der Kirche und Feind der Revolution’ ausgedeutet wurde.
PIUS VII. wurde ‘vir religionis’ genannt, eine Bezeichnung, die übrigens auf fast alle späteren Päpste angewandt werden könnte.
GREGOR XVI. wurde als ‘De balneis Etruriae’ bezeichnet, was man als Anspielung auf seine Abstammung aus Belluno in Etrurien (er war Angehöriger der Familie Cappellari) verstehen kann.
PIUS IX. ist mit ‘Crux de Cruce’ angeführt, was man dahingehend erklärt, daß dem Kreuz der Kirche das Kreuz der Königsfamilie von Savoyen hinzugefügt wurde.
Der nächste Papst wird als ‘Lumen in coelo’ bezeichnet.
Die künftigen Päpste werden ‘Ignis ardens (=loderndes Feuer)’, ‘Religio depopulata (= Ausrottung des Aberglaubens)’, ‘Fides intrepida’ (=unerschrockener Glauben)’, ‘Pastor angelicus (=Hirte der Engel)’, Pastor et nauta (=Hirt und Fischer)’ und ‘Flos florum (=Blume der Blumen)’ genannt.
Von dem letztgenannten Papst an haben die Prophezeiungen einen geheimnisvolleren Charakter. Das Ende der Welt scheint bevorzustehen, denn es gibt nur noch vier weitere Päpste:
der erste ‘de medietate lunae (=von der Mitte des Mondes herab)’,
der zweite ‘de labore solis (=von der Arbeit der Sonne)’ und
der dritte ‘gloria olivae (=Ruhm des Ölbaums)’.
Der letzte Papst wird so wie der erste Papst heißen, nämlich PETRUS, von dem es heißt:
In einer Zeit schwerster Verfolgung der ‘Heiligen Römischen Kirche’ wird der Römer PETRUS (in anderen Quellen steht statt ‘Petrus Romanus’ ‘Petrus secundus’ = zweiter Petrus) auf dem heiligen Stuhl sitzen, er, der seine Schafe durch viele Schwierigkeiten hindurch geführt hat, mit denen die ‘SIEBENHÜGELSTADT’ in ihren Grundfesten erschüttert werden sollte; am Ende wird der ‘fürchterliche Richter’ sein Volk richten (nach anderer Lesart ‘rächen’).

Am 21. Februar 1978 gelangte ein Telegramm (eine Depesche) in unsere Hände, das der - nicht katholische - Zolleinnehmer aus Rothenbach der „Cölnischen Zeitung“ entnommen hat, und das den folgenden Wortlaut hat:

Rom, den 20. Februar 1878, ein Uhr und 30 Minuten nachmittags

Joachim PECCI, geboren zu Carpineto am 2. März 1810, Erzbischof von Perugia, zum Kardinal ernannt am 19. Dezember 1853, bis zum heutigen Tage Kardinal-Kämmerer, ist unter dem Namen LEO XIII. vom zuständigen Kirchengremium an ‘St. Peter’ zum Papst gewählt worden.“

MÖGE GOTT DER ALLMÄCHTIGE DIESE WAHL ZUM GUTEN WENDEN!
AMEN.

Am 26. August 1878 ereignete sich ein 6-8 Sekunden anhaltendes Erdbeben.

Missionare und Wirtschaftsnachrichten melden übereinstimmend, daß vier Provinzen Chinas sowie Abessinien fürchterlich von Hungersnöten heimgesucht werden.
Aus diesem Grunde wurden in nahezu allen Gemeinden unseres Dekanates Almosen gesammelt.
Unsere Pfarrei brachte allein 200,85 Mark zusammen, die am 26. August 1878 an ihren Bestimmungsort übersandt wurden.

Leib und Leben unseres Königs und Kaisers Wilhelm wurden durch Attentate eines gewissen HOEDEL am 11. Mai und eines ‘Doktor der Philosophie’ NOBILING am 2. Juni in Berlin hochgradig gefährdet. Der letztgenannte Attentäter verletzte Seine Majestät erheblich, während HOEDEL nicht bis zu ihm vordringen konnte. Am 16. August wurde HOEDEL mit dem Fallbeil hingerichtet; er starb, ohne rechtskräftig verurteilt zu sein.
Beide Delinquenten waren protestantischer Konfession.
Sowohl unser König, als auch sein Sohn, der seinen Vater in der Regenerationsphase vertrat, suchten in ihrer Todesangst den Frieden mit der Kirche.
Kanzler BISMARCK traf den Apostolischen Nuntius MASELLA, der seine Residenz in München hat, in Kissingen, nachdem die Einladung durch den bayerischen Minister VON PFRETSCHER diesem übermittelt worden war.

Und so kam es, daß plötzlich alle das Ende des Kampfes zwischen KIRCHE und REGIERUNG mit Macht anstrebten.
NOBILING starb am 10.September an einer Kopfwunde, die er sich selbst beigebracht hatte.

Am Ostersonntag kündigte erstmalig die Uhr im kleinen Turm unserer Kirche die Gottesdienststunden an.
Uhrmacher SCHLOESSER aus Wegberg hatte dies bewerkstelligt.
Der Kostenaufwand betrug 360 Mark.

Ich habe das neu erbaute Haus unseres Küsters eingesegnet.

Am 11. Juni 1879 verstarb der ‘hochwürdigste Herr’ Georg DROUVEN, Pfarrer zu Ratheim und Verwaltungsbeauftragter unseres Dekanates, nach dem Empfang des Sterbesakramentes ‘sanft im Herrn’ und wurde am 15. desselben Monats in Ratheim durch den Dechant (=CHRONIST) beerdigt.

Am 17. September 1879 verstarb der ‘hochwürdigste Herr’ Peter Joseph EVERTZ, Kaplan in Karken und Jubilarpriester, nach dem Empfang der ‘heiligen Sakramente’ in Bocket, wo er für einige Tage bei seinen Eltern zu Besuch weilte, und wurde auch in Bocket durch den Pfarrer von Karken, den ‘hochwürdigsten Herrn’ CORSTEN, am 20. desselben Monats beerdigt.

Am 17. September 1879 entschlief ebenfalls der ‘hochwürdige Herr’ Johann Heinrich GOEBBELS, Pfarrer zu Rurkempen und Jubilarpriester, nach Empfang der heiligen Sakramente sanft im Herrn und wurde am 21. desselben Monats durch den Dechant (=CHRONIST) beerdigt.

Reiner WEUTHEN, dem die ‘Unterklasse’ unserer Schule anvertraut war, wurde nach erfolgreich bestandener Prüfung Ende August 1879 in das Lehrerseminar zu Münstermaifeld / bei Koblenz aufgenommen und am 19. Oktober 1879 durch den aus Altmyhl stammenden Wilhelm KRABBEN ersetzt.

Am 6. April 1880 versicherte mir der Leiter unserer Gemeindeverwaltung, TERSTAPPEN, die am 5. Februar 1876 erfolgte Beschlagnahme der Pastoralgüter sei erneut ausgesprochen und aufrecht erhalten worden.
Dieser erneute Ausspruch erregte nicht geringes Mißvergnügen, ja wurde gleichsam als ‘Vergewaltigung’ der Kirche aufgefaßt.
Der Kirchenvorstand in Dremmen verklagte deswegen
die Regierung beim königlichen Tribunal in Leipzig und obsiegte.
Die Folge war, daß die Regierung die vorerwähnten Pastoralgüter prinzipiell zurückerstatten mußte.

Am 9. Mai 1880 ‘entschlief’ nach dem Empfang der Sterbesakramente der Pfarrer von Karken, Bernhard Hubert CORSTEN, ‘sanft im Herrn’ und wurde am 13. desselben Monats durch den Dechant (=CHRONIST) beerdigt.

Am 24. Mai 1880 ‘entschlief’ nach dem Empfang der Sterbesakramente der Pfarrer von Myhl, Martin Joseph AKENS, ‘sanft im Herrn’ und wurde am 27. desselben Monats durch den Dechant (=CHRONIST) beerdigt.

Die vor dem Hochaltar angebrachte Kupferleuchte wurde am 8. Dezember 1880 von Gertrud KRICKER gestiftet. Sie hatte 75 Mark gekostet.

Am 5. August 1882 stiftete Joseph WINDELEN, der uns die Kreuzwegstationen schenkte, auch die Kupferleuchter, die nunmehr vor den einzelnen Stationen angebracht sind. Sie waren bei A. WEBER in Aachen gekauft und kosteten 350 Mark.

 
     
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