Unsere Heimat im Spiegel der Presse  
   
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HVZ vom 29. August 1959:

Römische Wachtürme werden Radarstation
Aus der Geschichte des Dorfes Effeld

Effeld. - Beweis dafür, daß die Gegend von Effeld und Steinkirchen schon sehr früh besiedelt gewesen ist, sind die recht zahlreichen Funde aus der STEINZEIT und der frühen BRONZE- und EISENZEIT. Es ist nicht überheblich, wenn angenommen wird, daß diese Gegend bereits in Bereiche der Jüngeren Steinzeit, die von 3000 - 1700 vor Chr. Reicht, besiedelt gewesen ist. In dieser Zeit betrieben die angesiedelten Menschen noch keinen Ackerbau, sondern lebten von der JAGD und dem FISCHFANG. Weshalb sich die Menschen gerade diese Gegend als Wohnstätte aussuchten, liegt in der Beschaffenheit des Bodens und der Landschaft begründet. Sie bevorzugten eben als Siedlungsland leichten, lockeren Boden, die Nähe großer Waldungen und nahe offene Gewässer.

Im Westen fanden sie das Wasser mit seinem Fischreichtum, und der östliche Teil war großer zusammenhängender Wald. Der MEINWEGWALD und die Erkelenzer Börde waren damals noch ein geschlossener Eichen-Buchen-Wald. Mit den ihnen zur Verfügung stehenden Steinwerkzeugen konnten die Menschen den hier vorkommenden leichten, sandigen besser bearbeiten als einen anderswo vorkommenden schweren Boden.

In der römischen Zeit führte eine unbefestigte RÖMERSTRASSE von Dalheim nach Tüddern, welche wiederum Anschluß an größere Straßen hatte. Die GRENZWEHR, die von Rothenbach und der GITSTAPPER MÜHLE parallel zum Grenzbach ROTHENBACH verläuft, läßt vermuten, daß an dieser Stelle sich auch befestigte, hochragende Wachtürme oder Alarmstationen bzw. Wach-
Stationen befanden, die die Signale am Tag durch Rauch und bei Nacht durch Feuer an die römischen Besatzungstruppen weitergegeben haben. Was in der heutigen Zeit für die alliierten Truppen oder Nationen die Funkstationen und Flugplätze sind, waren für die damaligen römischen Besatzungstruppen eben diese Römerstraßen mit ihren 6 – 7 km auseinander liegenden Wachttürmen und Befestigungsanlagen. Es ist wohl ein reiner Zufall, daß fast in der gleichen Gegend, wo früher römische Wachttürme standen, sich heute militärische Ein-
richtungen unserer Alliierten befinden, die im heutigen technischen Zeitalter im Grunde dieselben Funktionen zu erfüllen haben wie die damaligen römischen Auslug- und Schutztürme.

Als im Jahre 402 die unter STILICHO stehenden römischen Legionen vom Rhein abberufen wurden, um Italien zu schützen, nahmen die germanischen Stämme diese Gelegenheit wahr, um sich zu befreien. Bei dieser Invasion kamen die FRANKEN in unsere Gegend. Im Jahre 496 einigte CHLODWIG alsdann nach bei seinem Siege über die ALEMANNEN bei ZÜLPICH alle Franken-stämme.
In der späteren Geschichte erwarben die MINISTERIALEN, die am Hofe der Fürsten hohe Ämter und Verwaltungsposten innehatten, selbst Besitzungen aller Art und wurden alle Adlige zu Unterherrschaften, die ihren bisherigen Grund-herren noch unterstanden und zu persönlichen Treuediensten und insbesondere zum Kriegsdienst verpflichtet waren. Derartige Unterherrschaften waren der RITTERSITZ EFFELD und die NEUERBURG.

Während der Name Effeld erstmals in einer Urkunde des Jahres 1245 auftaucht, war der Name Steinkirchen Zeuge einer alten Siedlung und besaß die erste Kirche aus Stein, nachdem die frühere Holzkirche um das Jahr 900 durch die NORMANNEN in Brand gesetzt worden war.

Im Jahre 1256 wird ein RÜTTIGER VON EFFELD genannt. Alsdann kam um 1500 der RITTERSITZ EFFELD an die Linie der Familie VON BAEXEM. Die Besitzer des RITTERSITZES VON BAEXEM wurden durch kriegerische Horden, überwiegend spanische Soldaten, anhaltend belästigt und vollkommen ausgeplündert. In diese Zeit der anhaltenden Plünderungen durch kriegerische Horden im Jahre 1609 fällt die Gründung der Schützenbruderschaft Effeld-
Steinkirchen, der die Aufgabe gestellt war, das Leben und Hab und Gut der Einwohner gegen plündernde Horden zu schützen. Es würde zu weit führen, die jeweiligen Besitzer des RITTERSITZES EFFELD hier einzeln aufzuführen.

Im Jahre 1899 verkaufte der damalige Besitzer VAN DER RENNE das „Haus Effeld“ an Freiherrn Theodor VON BLANCKART. Bis zum heutigen Tage ist „Haus Effeld“ im Besitz dieser ehrenwerten Adelsfamilie geblieben.

Der zweite markante Besitz Effelds ist HAUS NEUERBURG. Im 13. Jahrhun-dert ist die NEUERBURG im Besitze des reich begüterten Herrn von VLODROP und blieb bis zum Jahre 1549 in dessen Besitz. Die Tochter des Besitzers heiratete im Jahre 1549 Werner VON HOCHKIRCHEN und brachte die „Neuerburg“ als Heiratsgut in ihre Ehe ein. Der Sohn von Werner VON HOCHKIRCHEN nannte sich Johann „Herr zu Neuerburg“ und heiratete Christine VON SCHILLING, Erbin zu FÜRTH. Ihr Vater - Albert SCHILLING - war Amtmann in „Schloß Dyck“ bei Grevenbroich. Der Sohn von Johann „zu Neuerburg“ und der Christine VON SCHILLING war Hieronymus „Herr zu Neuerburg“ - , Jülicher Jägermeister, Amtmann zu Boslar, und heiratete Katharina VON BIRBACH zu Tegelen. Hieronymus, „Herr Neuerburg“, hatte einen Sohn Adolf Winand VON HOCHKIRCHEN „zu Neuerburg“, dieser war Geheimrat, Kurfürstlicher Kämmerer, Hofratspräsident, Jülicher Landhofmeister und Amtmann zu Wassenberg. Er hatte 1692 von dem Kurfürsten Johann Wilhelm 4000 Reichstaler für geleistete Dienste zu fordern und erhielt bei Verzicht auf diese Forderung eine sogenannte „Unterherrschaft mit Gerichtsbarkeit erster Instanz“ zugesprochen. Auf der „Neuerburg“ tagte von nun ab das Schöffengericht für die drei Kirchspiele ORSBECK, OPHOVEN und STEINKIRCHEN. Der Glanz des Reichtums seines Herren ging auch in etwa auf den Ort Effeld über. Mehrere große Höfe, darunter der „Hof Overbeick“, der „Faderhof“ und der „Hof am Broich“, jeder Hof zwei bis drei „Pferde-Acker“ groß, zeugen von dieser Wohlhabenheit.

Am 15. November 1703 fiel der einzige Sohn von Adolf Winand als Oberst eines Reiterregiments in der Schlacht zu Speuerbach. Adolf Winand selbst starb am 10.8.1706 zu Düsseldorf. Seine sterblichen Überreste wurden am 12.8.1706 durch seinen Schwiegersohn, den Freiherrn Gerhard Adolf VON MIRBACH, in Düsseldorf unter Begleitung von zwei Kapuzinerpatres aus Wassenberg abgeholt und hochfeierlich in der Familiengruft vor dem Hochaltar der Pfarrkirche in STEINKIRCHEN beigesetzt. „Neuerburg“ erbte die älteste Tochter von Adolf Winand, Maria Adriana Catharina, die mit Christoph Alexander Freiherr VON VEHLEN in zweiter Ehe verheiratet war. Frau VON VEHLEN vermachte, als sie kinderlos starb, im Jahre 1725 „Neuerburg“ ihrem Gemahl, und als nach dessen Tode ein Kind erster Ehe die „Neuerburg“ erben sollte, erhoben die Nachkommen einer Tochter Adolf Winands, insbesondere Maria Elisabeth, die mit Gerhard Adolf Freiherr VON MIRBACH verheiratet war, Erbansprüche. Ein langwieriger Prozeß sprach diesen im Jahre 1771 die „Neuerburg“ zu. Während des langen Prozesses hatte das Herrenhaus auf „Neuerburg“ leergestanden und war sehr verfallen, so daß es 1850 abgebrochen werden mußte. Der Volksmund erzählte: Der Abbruch sei wegen der hohen Fenstersteuer erfolgt. Adolf Winand hatte während der Glanzperiode auch eine Hauskapelle auf „Neuerburg“ errichten lassen und hielt einen Hauskaplan. Der Hauskaplan war Henricus BÜRSGENS, der 1714 verstorben ist. Nach dessen Tode wurde der Gottesdienst wieder in die Pfarrkirche von STEINKIRCHEN verlegt.

Die VON MIRBACH, die 1771 durch den vorerwähnten Erbprozeß in den Besitz der „Neuerburg“ gekommen waren, verpachteten die „Neuerburg“ im folgenden Jahre 1772 an Gerhardus JENNISSEN. Er zahlte anfänglich eine Pacht von jährlich 140 Reichstalern. Durch einen neuen Pachtvertrag im Jahre 1800 wurde die jährliche Pacht auf 150 Reichstaler erhöht. Außer dieser Pachtzahlung mußte der Pächter den Ertrag der GITSTAPPER MÜHLE, der in drei zweispännigen Fuhren Getreide bestand, nach „Haus Harff“ befördern.

Im Jahre 1810 übernahm der Sohn den „Hof Neuerburg“ und behielt ihn bis zum Jahre1838, es folgte ihm Peter JENNISSEN bis 1863; nach dessen Tod führte die Witwe den Hof bis 1902. Von 1902 bis 1914 übernahmen Peter Hubert JENNISSEN und dessen Bruder Lambert den Hof. Deren Nachfolger waren von 1914 - 1924 Peter Hubert JENNISSEN, von 1924 -1934 dessen Witwe. 1934 folgten dann die Geschwister JENNISSEN, und heute bewirtschaftet der Sohn von Peter JENNISSEN, Willy JENNISSEN, die „Neuerburg“. In diesem Zusammenhang möchte ich noch eine urkundlich bewiesene Geschichte erwähnen, die sich während des Kultuskampfes in Effeld zugetragen hat.

Der Erzbischof erkannte die Amtsenthebung nicht an und ging in ein Roermonder Kloster, von dem aus er die Verbindung mit seiner Erzdiözese aufrechterhielt. Schließlich beschloß der Kirchenfürst, sein Hauptquartier in die Schule in Effeld zu verlegen. Die Effelder sahen fast täglich den bejahrten Bischof über VLODROP - bei „Männke“ - über den „Kämmerkesweg“ oder die „Bruchstraße“ in grober bäuerlicher Kleidung, mit blauem Leinenkittel, einem derben Krückstock und mit halblanger Pfeife mit Porzellankopf nach Effeld kommen und in die Schule gehen. Der Kaplan SASSEN vertrat zu dieser Zeit den erkrankten Dechant KRICKER. Eines Tages wurde der Kaplan gefragt, ob der alte Mann mit dem Krückstock auch wirklich der Bischof sei. Er antwortete: „Ja, aber das dürft ihr keinem sagen.“ Der Chronist weiß stolz zu berichten, daß sich in Effeld und Steinkirchen kein Judas gefunden hat, der den Bischof verraten hat.

Diese ergreifende Geschichte mit dem hohen Kirchenfürsten in Effeld zeigt, daß auch der hier beheimatete Menschenschlag bieder, treu und verläßlich ist.

 
     
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