Unsere Heimat im Spiegel der Presse  
   
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HVZ vom 13. Juni 1959:

Effelder Schützen - muntere Brüder
Ein Erlebnis aus den zwanziger Jahren

Effeld. - An der Grenze in Effeld liegt auf holländischem Boden, kaum zwanzig Meter hinter dem Grenzstrich, ein Laden mit Gaststäte, „et Männke“ geheißen. Seit Generationen war es früher Brauch, daß am Kirmesmontag die Effelder Schützenbruderschaft nach der Messe „noa et Männke“ marschierte, einmal um das billige holländische Bier zu trinken, und zum anderen aber auch, um „Harry“ und „Mie“, so hießen die Wirtsgeschwister, etwas verdienen zu lassen, denn wenn die beiden zum Kirmesball nach Effeld kamen, ließen sie an der Kasse immer „was fallen“, einen Zehnguldenschein meistens, von den Bierrunden des Abends ganz abgesehen.

An einem Kirmesmontag vor einigen Jahrzehnten war es mal wieder so weit. Die Schützenbruderschaft zog über die Grenze, wozu man damals noch keinen Ausweis benötigte und auch nicht an eine bestimmte Übergangsstelle gebunden war. Der Schützenmajor wunderte sich darüber, wie groß die Beteiligung war. Sogar die halbe Jungfrauenkongregation marschierte mit. Es war damals, genau wie heute, der Kaffee sehr billig in Holland, was man wohl wissen muß.

Nach etwa zwei Stunden kamen die Schützen zurück. Die Musik blies aus allen Knopflöchern, und die Fröhlichkeit der Schützen war an diesem Tage besonders groß. Jeder Schütze hatte eine Jungfrau am Arm, und der aufmerksame Beob-achter mußte feststellen, daß sich alle sehr verändert hatten. Wie pralle Hafer-säcke sahen die Rock- und Hosentaschen der Schützen aus. Die Federhüte saßen ganz hoch auf den Köpfen, und die Jungfrauen hatten in den zwei Stunden merklich zugenommen an Körperformen, die einen hinten, alle aber vorne. Mühsam schleppten die zwei an der dicken Trommel, und die Schläge auf dem Kalbfell klangen wie aus einer anderen Welt, dumpf und „bott!“

Am Dorfeingang, wo die ersten Häuser begannen, standen auf „dem Kliev“ drei Zöllner. Sie waren schon lange in Effeld stationiert und kannten den alten Brauch. Der Schützenmajor erfaßte die Situation sofort, und als die Spitze des Zuges bei den Zöllnern angelangt war, erscholl das Kommando: „Aaaachtung!
Die Augen - links!“ Im Stechschritt marschierten die Schützen an den
Zöllnern vorbei, die Männer mit aufgeblähten Taschen, und die Jungfrauen
mit wogendem Busen. Die Zöllner waren „Kapitulierte“, alte Kommißköppe also. Ob dieser Achtungsbezeugung schwoll ihnen die preußische Soldatenbrust, der eine zwirbelte seinen „Schnäuzer“, alle aber legten mit gelassener Lässigkeit die Hand an den Mützenrand zu Dank und Gruß. Als der König und die Königin vorbeimarschierten, griff diese an ihr Herz, denn aus dem Halsausschnitt quoll ein Päckchen „van Nelles“ heraus. Der Blumenstrauß aus Dahlien und Rittersporn deckte schnell die köstliche „Sünde gegen die Staatsraison“ schützend zu.

An der Wirtschaft BUSCH machten die Schützen halt. Die Gesellschaft löste sich auf. Während aber ansonsten ein gemütlicher Frühschoppen gehalten wurde, stob jetzt der ganze Schützenzug nach dem Kommando „Wegtreten!“ wie eine Hühnerschar auseinander. Ein jeder eilte nach Hause, der eine steifbeinig, die andere mit „stolzer“ Brust. Und die „dicke Tromm“ wurde bei BUSCH im Garten im „Stakehüsske“ aufgeschraubt und „ausgewaidet“.

Nachmittags waren wieder alle schlank. Und auch die „dicke Tromm“ klang wieder ganz normal. Bei der Königsparade standen die Zöllner beim Gefolge. Die ganze Kirmes über wunderten sie sich, wie gut die Effelder doch aufgelegt waren und wieso ihnen von allen Seiten Biere und Schnäpse spendiert wurden.

 
     
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