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HVZ vom 2. September
1953:
Für 60 Gläubige
eine große Kirche
Gotteshaus von Steinkirchen ist nicht dem Verfall preisgegeben
Sicherungsarbeiten beginnen bald
Steinkirchen.
Wie ein Mahnmal, das an die Schrecknisse des Krieges erinnert, ragt die
Kirche des kleinen Dörfchens Steinkirchen mit ihrem geköpften
Turm ins Heinsber-ger Land. Wer die Verhältnisse nicht kennt, mag
daran Anstoß nehmen, daß hier Gotteshaus dem Verfall preisgegeben
zu sein scheint. Der Fehler aber, der hier gemacht worden ist, liegt fast
ein Jahrhundert zurück.
Der Name Steinkirchen
sagt, daß dieser Ort wohl zu den ältesten Siedlungen unserer
Gegend gehört. Als man noch Holzkirchen baute, wurde hier schon eine
Steinkirche gebaut, und so entstand vermutlich die Ortsbezeichnung. Auch
die Tatsache, daß die Kirche dem heiligen Martin geweiht ist, läßt
auf eine sehr frühe Gründung schließen. Der vor einigen
Jahren verstorbene Heimatforscher Peter Anton THOLEN datiert in einer
Veröffentlichung den Bau der ersten Kirche in die fränkische
Zeit, kurz nach 700.
Das benachbarte Ophoven ist eine Hofgründung, aus der wohl vor dem
Jahre 1000 ein größeres Dorf geworden ist.
Der zur Pfarre Steinkirchen gehörende Ort Effeld ist wahrscheinlich
in nachfränkischer Zeit entstanden. Zum erstenmal ist er im Jahre
1245 in einer
Urkunde im Zusammenhang mit dem Kloster Dalheim genannt.
Dieser kurze geschichtliche Rückblick ist nötig, um zu verstehen,
warum in Steinkirchen und nicht in dem heute um ein Vielfaches größeren
Effeld die Pfarrkirche gebaut wurde.
Ophoven wurde 1571 Pfarrkirche. Steinkirchen blieb ein kleiner Ort. Effeld
wuchs mehr und mehr.
Als die alte kunstgeschichtlich wertvolle Pfarrkirche zu klein geworden
war, mußte ein neues Gotteshaus gebaut werden. Verständlicherweise
wollten die Effelder die Kirche nun in ihrem Ort haben, denn sie machten
neun Zehntel
der Pfarrbevölkerung aus und wollten nicht länger den zwanzig
Minuten langen Weg zur Pfarrkirche machen. Aber die kirchliche Behörde
in Köln entschied anders, nachdem sich ein Adliger, dessen Ahnen
in Steinkirchen ruhten, bereit erklärt hatte, einen ansehnlichen
Betrag für den Wiederaufbau zu geben und auch der Dechant, der damals
gleichzeitig Pfarrer von Steinkirchen war, für den alten Baugrund
eintrat.
Im Jahre 1871 wurde die alte Pfarrkirche mit Ausnahme des Turmes abgerissen
und der Neubau begann. Man erzählt sich, daß sich die Frauen
von Effeld sogar aktiv gegen den Bau eingesetzt hätten. Sie sollen
sich auf die Grundmauern gesetzt haben, gleichsam um in einem Sitzstreik
den Weiterbau zu verhindern. Doch der Dorfschulze (wahrscheinlich mit
wehendem Schnurrbart) setzte seine Amtsmiene auf und sorgte für Ordnung.
Das Gotteshaus in Steinkirchen verlor an Bedeutung, als die Effelder sich
1910 eine eigene Kirche bauten und später zur Schule auch das Pfarrhaus
errichtet wurde. Gegen Kriegsende wurden beide Gotteshäuser beschädigt.
Die Kriegsspu-ren an der Effelder Kirche wurden beseitigt. Die Kirche
von Steinkirchen blieb beschädigt liegen.
Inzwischen wurde erwogen, das Gotteshaus bis auf den Turm, der unter Denk-malschutz
steht, abzubrechen und an den Turm eine Kapelle für 100 Gläubige
zu bauen. Die kirchliche Behörde hat sich nun aber für die Erhaltung
des Gotteshauses entschieden. Zunächst soll es durch ein neues Dach
vor dem weiteren Zerfall bewahrt werden. Es ist verständlich, daß
für diese Kirche die Mittel nicht so leicht locker gemacht werden
können, da in der Diözese noch viele dringende Kirchenbauten
anstehen. Die über 800 Gläubigen in Effeld haben ihr Gotteshaus.
Bis die 60 Gläubigen von Steinkirchen in ihre große Kirche
einziehen können, wird es wohl noch etwas dauern.
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